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Algebra: umstellen
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 23:42 Fr 27.12.2013
Autor: sonic5000

Hallo,

folgende Gleichung soll nach x aufgelöst werden :

[mm] 0=\bruch{1}{2}-\bruch{x}{\wurzel{9-x^2}} [/mm]

Mein Ansatz:

[mm] 0=\bruch{1}{2}-\bruch{x}{\wurzel{9-x^2}} [/mm]    

[mm] 0=\wurzel{9-x^2}-2x [/mm]    

[mm] 2x=\wurzel{9-x^2} [/mm]      

Beide Terme quadrieren:

[mm] 4x^2=9-x^2 [/mm]      

[mm] 5x^2=9 [/mm]      

[mm] x^2=\bruch{9}{5} [/mm]      

[mm] x_1=\wurzel{\bruch{9}{5}} [/mm]

[mm] x_2=-\wurzel{\bruch{9}{5}} [/mm]

Wolfram meint, dass die Gleichung nur eine Lösung hat... Kann mir jemand helfen?

LG und besten Dank im Voraus...




        
Bezug
Algebra: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 23:51 Fr 27.12.2013
Autor: reverend

Hallo sonic,

das sieht alles gut aus, aber...

> folgende Gleichung soll nach x aufgelöst werden :
>  
> [mm]0=\bruch{1}{2}-\bruch{x}{\wurzel{9-x^2}}[/mm]
>  
> Mein Ansatz:
>  
> [mm]0=\bruch{1}{2}-\bruch{x}{\wurzel{9-x^2}}[/mm]    
>
> [mm]0=\wurzel{9-x^2}-2x[/mm]    
>
> [mm]2x=\wurzel{9-x^2}[/mm]      

Bis hierher ok für [mm] x^2\not=9, [/mm] und das ist sowieso von vornherein ausgenommen. Sollte aber notiert werden.

> Beide Terme quadrieren:

Ja, ok - anders kommt man wohl nicht zu einer Lösung. Allerdings ist Quadrieren keine Äquivalenzumformung, so dass auf jeden Fall eine Überprüfung der Lösungen (Probe) nötig wird.

> [mm]4x^2=9-x^2[/mm]      
>
> [mm]5x^2=9[/mm]      
>
> [mm]x^2=\bruch{9}{5}[/mm]      
>
> [mm]x_1=\wurzel{\bruch{9}{5}}[/mm]
>  
> [mm]x_2=-\wurzel{\bruch{9}{5}}[/mm]

Die "kanonische" Form mit möglichst rationalem Nenner lautet:

[mm] x_{1/2}=\pm\bruch{3}{5}\wurzel{5} [/mm]

> Wolfram meint, dass die Gleichung nur eine Lösung hat...
> Kann mir jemand helfen?

Da Du noch eine Probe machen musst, kannst Du die Behauptung von WolframAlpha am besten einfach selbst verifizieren.

Mach mal.

Grüße
reverend


Bezug
                
Bezug
Algebra: Frage (beantwortet)
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 00:23 Sa 28.12.2013
Autor: sonic5000

O.K. Also wenn ich nun [mm] -\wurzel{\bruch{5}{ 9}} [/mm] einsetze komme ich auf 1 und nicht 0 wie es seien sollte...

Der Unterschied beim Quadrieren und Wurzel ziehen ist also, dass man beim Wurzel ziehen gleich  sieht wieviel Lösungen es wirklich gibt... Sobald man aber beim Umstellen quadriert muss die Lösung überprüft werden. Ist das so richtig?

Kanonische Form mit möglichst rationalen Nenner? Kannst Du mir dass kurz erläutern?

LG


Bezug
                        
Bezug
Algebra: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 03:08 Sa 28.12.2013
Autor: Marcel

Hallo,

> O.K. Also wenn ich nun [mm]-\wurzel{\bruch{5}{ 9}}[/mm] einsetze
> komme ich auf 1 und nicht 0 wie es seien sollte...
>  
> Der Unterschied beim Quadrieren und Wurzel ziehen ist also,
> dass man beim Wurzel ziehen gleich  sieht wieviel Lösungen
> es wirklich gibt...

???

> Sobald man aber beim Umstellen
> quadriert muss die Lösung überprüft werden. Ist das so
> richtig?
>
> Kanonische Form mit möglichst rationalen Nenner? Kannst Du
> mir dass kurz erläutern?

Es wird immer so schön gesagt, dass "Quadrieren keine Äquivalenzumformung
sei". Zum einen kann man das nur verstehen, wenn man den Inhalt dieses
Satzes schon verstanden hat, zum anderen stimmt das auch nur bedingt:

Ich gebe Dir jetzt mal einfache Grundlagen, die in der Schule eigentlich
schon bekannt sein sollten, es aber oft nicht sind:

Sind [mm] $A,B\,$ [/mm] Aussagen, so bedeutet

    $A [mm] \iff [/mm] B$

nichts anderes, als, dass die beiden Folgerungen

    $A [mm] \Longrightarrow [/mm] B$

und

    $B [mm] \Longrightarrow [/mm] A$

gelten. Dann sagt man, dass [mm] $A\,$ [/mm] und [mm] $B\,$ [/mm] äquivalent seien.

Nun mal zum "Quadrieren":
Wenn ich

    [mm] $\sqrt{x^2}=3$ [/mm]

habe, so gilt:

    [mm] $\sqrt{x^2}=3$ $\red{\Rightarrow}$ $x^2=3^2$ $\Rightarrow$ $x^2-3^2=0$ $\Rightarrow$ $(x+3)*(x-3)=0\,$ [/mm]

    [mm] $\Rightarrow$ $x=\,3$ [/mm] oder [mm] $x=-3\,.$ [/mm]

Also gilt

    [mm] $\sqrt{x^2}=3$ $\Rightarrow$ $x=3\,$ [/mm] oder [mm] $x=-3\,.$ [/mm]

Hier kann man jedes [mm] $\Rightarrow$ [/mm] auch durch [mm] $\Leftarrow$ [/mm] ersetzen (das sollte
man nochmal durchgehen und kontrollieren), und beim roten [mm] $\red{\Rightarrow}$ [/mm]
wurde quadriert - hier war das also durchaus eine Äquivalenzumformung.

Generell sollte man auch immer beachten, was man an "universellen
Voraussetzungen" hat bzw. ob man die "mitnimmt" - denn ein Verlust an
Information kann durchaus auch dazu führen, dass "Quadrieren" keine
Äquivalenzumformung mehr ist:

Betrachte einfach [mm] $x:=3\,.$ [/mm]

Sagt man nun:
Ist $x [mm] \in \IR$ [/mm] und [mm] $x=3\,,$ [/mm] so folgt

    [mm] $x=3\,$ $\Rightarrow$ $x^2=3^2$ $\Rightarrow$ $x^2-3^2=0$ $\Rightarrow$ $(x+3)*(x-3)=0\,$ $\Rightarrow$ $x=3\,$ [/mm] oder [mm] $x=-3\,.$ [/mm]

Durch das Quadrieren hat man nun - weil man "nur" $x [mm] \in \IR$ [/mm] als universelle
Bedingung mitgenommen hat, am Ende das Problem, dass auch [mm] $x=-3\,$ [/mm] möglich
wäre (man könnte bei jedem [mm] $\Rightarrow$ [/mm] davor und danach $x [mm] \in \IR$ [/mm] dazuschreiben... aber
das ist relativ "langweilig" mitzunehmen).

Sagst Du aber: Für $x [mm] \ge [/mm] 0$ mit [mm] $x=3\,$ [/mm] gilt

    [mm] $x=3\,$ [/mm] und $x [mm] \ge [/mm] 0$

    [mm] $\Rightarrow$ $x^2=3^2$ [/mm] und $x [mm] \ge [/mm] 0$

    [mm] $\Rightarrow$ $x^2-3^2=0$ [/mm] und $x [mm] \ge [/mm] 0$

    [mm] $\Rightarrow$ $(x+3)*(x-3)=0\,$ [/mm] und $x [mm] \ge [/mm] 0$

    [mm] $\Rightarrow$ ($x=3\,$ [/mm] oder [mm] $x=-3\,$) [/mm] und $x [mm] \ge [/mm] 0$

    [mm] $\Rightarrow$ $x=3\,.$ [/mm]

Hier sind alle Umformungen Äquivalenzumformungen, denn Du kannst ohne
Weiteres jedes [mm] $\Rightarrow$ [/mm] dort auch durch [mm] $\Leftarrow$ [/mm] ersetzen. Dort wäre
also durchaus "Quadrieren" eine Äquivalenzumformung.

Jetzt zu dem, wie man das in der Schule lernt: Dort wird gesagt, dass eine
Gleichung etwa in der Variablen [mm] $x\,$ [/mm] äquivalent zu einer anderen heißen soll,
wenn beide die gleiche Lösungsmengen (für Lösungen in der Variablen [mm] $x\,$) [/mm]
haben.

Das passt natürlich auch, ist aber eigentlich ein "Verwischen" dessen, wann
man eine Gleichung (I) zu einer Gleichung (II) äquivalent nennen sollte (im
Prinzip ist das nur eine äquivalente Umformulierung dessen, wann man sie
rein per Definitionem äquivalent nennt - aber irgendwie verwirrt man auf
die Dauer dann vermutlich zu viele, wenn man das auch noch sagt und
verschweigt das dann einfach lieber):
Nämlich, wenn

    aus der Gültigkeit der Gleichung (I) auch die Gültigkeit der Gleichung (II) folgt

und wenn zudem

    aus der Gültigkeit der Gleichung (II) auch die Gültigkeit der Gleichung (I) folgt.

Und jetzt schauen wir uns nochmal Deine Umformungen an folgender Stelle
an:
Dass aus

    (I)    [mm] $2x=\sqrt{9-x^2}$ [/mm]

folgt, dass auch

    (II)    [mm] $4x^2=9-x^2$ [/mm]

gelten muss, ist klar. Allerdings kannst Du aus

   [mm] $4x^2=9-x^2$ [/mm]

nicht auch

   [mm] $2x=\sqrt{9-x^2}$ [/mm] (Edit: rechts Wurzelzeichen ergänzt! Danke, Al Chwarizmi!)

folgern - es gilt nur

    [mm] $4x^2=9-x^2$ [/mm]

    [mm] $\Rightarrow$ $2|x|=\sqrt{9-x^2}\,.$ [/mm]

Die Gleichungen (I) und (II) sind also nicht äquivalent. Aber das könntest Du
so retten:
Bei

    [mm] $2x=\sqrt{9-x^2}$ [/mm]

muss zwangsläufig $x [mm] \ge [/mm] 0$ gelten. (Warum?)

Also sind die Aussagen

    A: "Es gilt Gleichung (I)" (oder: Es gilt Gleichung (I) und es ist $x [mm] \ge [/mm] 0$)

und

    B: "Es gilt Gleichung (II) und zudem ist $x [mm] \ge [/mm] 0$"

äquvivalent. Anders gesagt:
Du könntest als universelle Bedingung erstmal $x [mm] \ge [/mm] 0$ "mitnehmen" und unter dieser
gilt dann tatsächlich, dass (I) und (II) äquivalent sind.

Kurzfazit: Sobald Du (II) irgendwie gelöst hast (etwa mit der pq-Formel),
so musst Du dann nur noch die [mm] $x\,,$ [/mm] die nicht $x [mm] \ge [/mm] 0$ erfüllen, entfernen.
Die verbleibenden [mm] $x\,$ [/mm] sind dann alle Elemente der Lösungsmenge der
Gleichung (I).

P.S. Den Test dessen, was ich oben sagte, kannst Du durchaus selbst machen:
Du hast ja rausgefunden, dass

    [mm] $x_1=\sqrt{9/5}$ [/mm]

und

    [mm] $x_2=-\sqrt{9/5}$ [/mm]

die Gleichung

    (II)    [mm] $4x^2=9-x^2$ [/mm]

erfüllen - dass das stimmt, siehst Du ja, indem Du sie jeweils in (II) für [mm] $x\,$ [/mm]
einsetzt.

Aber [mm] $x_2$ [/mm] erfüllt nicht [mm] $x_2 \ge 0\,.$ [/mm] Also sollte [mm] $x_2$ [/mm] auch keine Lösung der
Gleichung

    (I)    [mm] $2x=\sqrt{9-x^2}$ [/mm]

sein. Und spätestens beim Einsetzen erkennst Du das Problem: Die linke
Seite [mm] ($2x_2$) [/mm] wäre echt negativ, während die rechte [mm] ($\sqrt{9-{x_2}^2}$) [/mm] aber
[mm] $\ge [/mm] 0$ ist.

Übrigens auch zu der Logik, warum bei Dir das Quadrieren dennoch sinnvoll
war:
Du zeigst damit, dass jede Lösung der Gleichung (I) notwendig auch eine
Lösung der Gleichung (II) sein muss - die Lösungsmenge der Gleichung (I)
ist also eine Teilmenge der Lösungsmenge der Gleichung (II). Wenn Du
nun also alle Lösungen der Gleichung (II) kennst/berechnen kannst, so
reicht es daher dann aus, zu gucken, welche dieser Lösungen auch in der
Tat wirklich Gleichung (I) erfüllen.
(Im Prinzip ist das nur ein nachträgliches Anfügen von Bedingungen, wann
denn auch aus Gleichung (II) die Gleichung (I) folgt. Das ist jetzt vielleicht
nicht vollständig formuliert, aber wenn ich das nun noch weiter ausdehne,
wird man vielleicht irgendwann den Überblick verlieren...)

Gruß,
  Marcel

Bezug
                                
Bezug
Algebra: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 03:25 Sa 28.12.2013
Autor: sonic5000

Danke für Deine ausführliche Erklärung... Gleichungen umstellen im Lichte der Aussagenlogik... Interressant... Muss ich mir noch mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen...

LG

Bezug
                                
Bezug
Algebra: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 06:40 Sa 28.12.2013
Autor: sonic5000

Hallo Marcel,

bei [mm] 2x=\wurzel{9-x^2} [/mm] folgt automatisch [mm] x\ge0 [/mm] da bei negativen x der linke Term auf jedenfall negativ würde aber der rechte wegen der Wurzel immer positiv bliebe...
Das ist ja oft das schwierige aber auch faszinierende bei Mathe, in der Tiefe der Materie gleichzeitig noch den Überblick über das große Ganze zu behalten... Aber ich glaube auch das kann man lernen...
Es war letztes ein schöner Bericht im Radio über Jazzmusiker und Improvisation.  Der Experte meinte: Der Jazzmusiker trägt ein imaginären Rucksack mit sich rum der all sein Erlerntes beinhaltet... Wenn er improvisiert dann denkt er nicht darüber nach was er spielt sondern er spult einfach den Inhalt seines Rucksacks ab den er sich in jahrelangen Training erarbeitet hat. Für den Zuschauer sieht es dann lockerleicht aus was es ja auch soll aber es ist halt hartes Training/Handwerk... Ich glaube heute zu Tage wird oft vergessen wo überall Training/Handwerk hintersteckt... Die Leute wollen sich nichtmehr quälen dabei kann dass auch Erfüllung sein... Jedenfalls in so einer reinen Disziplin wie der Mathematik...

LG

Bezug
                                        
Bezug
Algebra: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 14:20 Sa 28.12.2013
Autor: Marcel

Hallo sonic,

> Hallo Marcel,
>  
> bei [mm]2x=\wurzel{9-x^2}[/mm] folgt automatisch [mm]x\ge0[/mm] da bei
> negativen x der linke Term auf jedenfall negativ würde
> aber der rechte wegen der Wurzel immer positiv bliebe...
>  Das ist ja oft das schwierige aber auch faszinierende bei
> Mathe, in der Tiefe der Materie gleichzeitig noch den
> Überblick über das große Ganze zu behalten...

ich muss ehrlich sagen, dass das auch ein Problem der Didaktik ist, meiner
Meinung nach. So hatte ich bspw. im ersten Semester einen Analysis-Prof.
(mein späterer Dipl.-Vater), der immensen Wert darauf legt, dass man
sauber arbeitet und erstmal lernt, jede Kleinigkeit penibel zu begründen.
In der linearen Algebra bekam ich einen Prof., dem es darum ging, möglichst
schnell "Ergebnisse" zu erzielen - der legte weniger Wert auf saubere
Begründungen, wenngleich er auch die Grundlagen dazu zur Verfügung
stellte. Im Nachhinein gesehen ist diese Kombination gar nicht so schlecht
gewesen, auch, wenn es mich damals ärgerte:
Denn bei mir entstand der Wille, das, was mein LA-Prof. nur "andeutete"
oder sogar teilweise hinschluderte, bzw. noch schlimmer: manchmal sogar
nicht ganz korrekt bewiesene Ergebnisse, die er benutze, mir näher
anzuschauen. So lernt man dann halt auch, dass, wenn in der LA ein Satz
formuliert wird, der nicht korrekt (im Sinne von unvollständig in der
Formulierung) ist, selbstständig solche Dinge zu verbessern bzw. den
Prof. drauf aufmerksam zu machen, dass da doch gewisse Voraussetzungen
fehlen, wenn er in dem Beweis mit Mittel XY argumentieren will... Und wenn
man sowas permanent macht, merkt man halt manchmal auch, dass man
sich manche Grundlagen nochmal gründlicher klarmachen sollte.

> Aber ich glaube auch das kann man lernen...

Definitiv; manche können das halt schon größtenteils, oft ist es aber nicht
nur eine Frage des Talentes, sondern insbesondere auch eine Frage, ob
man sich die Zeit für solche, wie es manchmal augenscheinlich wirkt,
Kleinigkeiten nehmen sollte.
Wie gesagt, ich erinnere mich daran, dass es in der Schule nur geheißen
hat: Zwei Gleichungen (in einer Variablen [mm] $x\,$) [/mm] mögen äquivalent heißen,
wenn sie die gleichen Lösungsmengen haben.
Damit kann man "hantieren", ich muss ehrlich sagen, mir war zu Schulzeiten
aber nicht immer wirklich der Sinn hinter diesem Satz bewußt. Ich erlernte
zum Beispiel, wie hier bei Dir, dass man durchaus eine Gleichung quadrieren
kann, am Ende dann aber nochmal "die Lösungen kontrollieren muss".
Anhand von Beispielen verstand ich das, und verinnerlichte es auch, aber
das eigentliche Verständnis, wie ich es in der Antwort hier erklärte, war
mir zu Schulzeiten sicher eher nicht bewußt. (Ohne, dass ich das wirklich
böse meine, glaube ich, dass auch manche Lehrkraft sich das nicht so
wirklich verinnerlicht hat. Ich erinnere mich zum Beispiel an einen
Physiklehrer, der auch Mathelehrer war, dass er bei manchen Aufgaben
sagte: "Damit das ein Beweis der zu beweisenden Aussage ist, müssen Sie
auch nochmal gucken, ob man jeden Pfeil auch rumdrehen kann. Mir ist nie
so ganz klar, warum die Mathematiker das wollen, aber ohne das ist das
nicht vollständig..."
Und der Mann war nicht dumm, das war ein Diplom-Physiker. Die Sache war
halt die: Es war eine Aussage $A [mm] \Rightarrow [/mm] B$ zu beweisen, und wie das in
der Schule halt manchmal ist, wurde ein Beweis für $B [mm] \Rightarrow [/mm] A$ hingschreiben,
wenngleich das auch per Kontraposition [mm] $(\neg [/mm] A) [mm] \Rightarrow (\neg [/mm] B)$ geschehen war.
Alleine durch das Beherrschen seines Handwerks hatte das mein damaliger
Physiklehrer erkannt, aber an seiner Aussage merkte man [vor allen Dingen
merke ich das heute, nach dem Mathestudium, zurückblickend], dass ihn der
wirkliche logische Inhalt da nicht so sehr interessierte. Er hatte da schon
eine gewisse Art "Automatismus" entwickelt, der es ihm erlaubte, schnell
und richtig zu analysieren und zu handeln. Im Nachhinein wundert mich das
sogar ein wenig, denn in der Physik war er da so, wie ein Mathematiker meist
in der Mathematik agiert: Detailliert, penibel und dennoch versuchend,
rasant in der Materie weiterzukommen... Aber seine eigene Aussage war
ja auch: "Die Mathematik ist nur eine Hilfswissenschaft..." Die Physik war
da eher seine Wissenschaft, um nicht zu sagen, seine Leidenschaft...)

> Es war letztes ein schöner Bericht im Radio über
> Jazzmusiker und Improvisation.  Der Experte meinte: Der
> Jazzmusiker trägt ein imaginären Rucksack mit sich rum
> der all sein Erlerntes beinhaltet... Wenn er improvisiert
> dann denkt er nicht darüber nach was er spielt sondern er
> spult einfach den Inhalt seines Rucksacks ab den er sich in
> jahrelangen Training erarbeitet hat. Für den Zuschauer
> sieht es dann lockerleicht aus was es ja auch soll aber es
> ist halt hartes Training/Handwerk... Ich glaube heute zu
> Tage wird oft vergessen wo überall Training/Handwerk
> hintersteckt... Die Leute wollen sich nichtmehr quälen
> dabei kann dass auch Erfüllung sein... Jedenfalls in so
> einer reinen Disziplin wie der Mathematik...

Ja. Wobei, wie gesagt, ich oft auch den Eindruck habe, dass oft bei den
Grundlagen, die in der Mathematik gelehrt werden, übersehen wird,
welche Bedeutung sie auch "später" haben. Man kann sich einiges an
Missverständnissen oder Unklarheiten ersparen, wenn man diese
Grundlagen ernst nimmt. Das setzt natürlich auch voraus, dass es
wenigstens einen Lehrer/Prof. (oder wie auch immer) gibt, der wenigstens
an manchen Stellen darauf hinweist, was da eigentlich dahintersteckt.

Ein anderes Standardbeispiel: Oft wird sowas wie

    $a < b + [mm] \epsilon$ [/mm] für alle [mm] $\epsilon [/mm] > 0$

    [mm] $\Rightarrow$ [/mm] $a [mm] \le [/mm] b$

verwendet. In Vorlesungen steht dann aber nur da:
"Wir zeigen, dass für alle [mm] $\epsilon [/mm] > 0$ gilt

    $a < b + [mm] \epsilon\,.$ [/mm]

..."

Es wird noch nichtmal darauf hingewiesen, wozu das Ganze eigentlich
gemacht wird, und es ist auch nicht immer direkt aus dem Zusammenhang
klar.

Ich finde, dass ein Lehrer/Prof. (oder wie auch immer), wenn er so etwas
macht, wenigstens entweder diese einfache Folgerung oben vorweg
beweisen sollte, dann kann er darauf verweisen, oder wenigstens beim
ersten Beweis, wo das auftaucht, darauf hinweisen soll, wozu das dient.
Jemand, der so etwas zum ersten Mal sieht, ohne, dass sowas erwähnt
wird (und nur mündlich erwähnen halte ich auf für "zu wenig"), kann sich
derartige Techniken durchaus auch anlernen, aber dieses einfache
Zusatzverständnis wird das Gesamtverständnis sicher eher verbessern,
denn verschlechtern. Denn ich bin der Meinung: Durch ein solides
Grundlagenverständnis läßt sich die Anzahl der Missverständnisse,
jedenfalls in der Mathematik, von vorneherein minimieren. Und das erhöht
die Chance eines "wenig fehlerbehafteten Arbeitens" (ein fehlerfreies
wäre schon fast utopisch, auch, wenn man in der Mathematik am Liebsten
diesen Anspruch hegt)...

Gruß,
  Marcel

Bezug
                                                
Bezug
Algebra: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 18:36 Sa 28.12.2013
Autor: sonic5000

Hallo Marcel,

ich kann Deine Ansicht nur teilen... Als ich vor einem Jahr angefangen habe mich ernsthaft mit Mathe zu beschäftigen habe ich mir 2 Bücher gegönnt... Ein FH Arbeitsbuch für Ingenieure und dann noch eine Unischwate... Das FH Buch ist gut für die "Spielpraxis" um mal ein Begriff aus dem Fußball zu nutzen ;-) Die dicke Unibuch ist sehr interessant für Hintergrundinformationen... Besonders die ersten Artikel über Werkzeuge der Mathematik und Logik geben gute Tipps... Leider ist mir das Thema der komplexen Zahlen noch nicht ganz geläufig...
Jedenfalls habe ich in diesem einen Jahr gemerkt, dass die Grundlagen ja gar nicht so unendliche Weiten sind... Und das steht in dem Unibuch auch drinne: Je lückenloser und sicherer das Wissen in den Grundlagen desto einfacher wird es später...
Hätte ich mir in meiner Schulzeit nur einmal ein Buch zur Mathematik durchgelesen so hätte ich mir auch einigen Ärger erspart ;-)...
Lehrer, Schüler und das Lernen an sich ist schon ein besonderer Prozess. Ich gebe mal ein Beispiel aus der Musik. Als ich mit 13 angefangen habe Gitarre zu spielen hat mein Gitarren lehrer immer gesagt: Das Metronom und Noten müssen Deine besten Freunde werden, wenn Du gut werden willst... Erst Jahre später habe ich gemerkt, wie war es doch ist... Erst mit Metronom bekommst Du die nötige Präzision hin damit es gut klingt... Aber irgendwie ist es als Schüler wohl ein paar Nummern zu uncool stumpf nach Metronom zu üben ;-)...
In der Mathematik ist es wohl ähnlich.  Erst das lückenlose Verstehen der Grundlagen ermöglicht einem einen guten Zugang zu den komplexeren Themen... Aber diese Erkenntnis kommt mitunter auch mal etwas später ;-)...
Ich dachte früher immer warum ist dieser Typ so gut in Mathe und Physik LK... Ich dachte er wäre ein Genie... Dabei weiß ich heute: Er hat einfach nur die Grundlagen beherzigt... Und er hat nicht zu viel gefeiert ;-)

LG

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