Atomuhren < Atom- und Kernphysik < Physik < Naturwiss. < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 14:57 Sa 25.04.2015 | Autor: | Jellal |
Hallo zusammen,
ich beschäftige mich zur Zeit mit der Funktionsweise von Atomuhren.
Habe beim Durchlesen einiger Dokumente die eine oder andere Verständnisschwierigkeit.
Gehen wir mal von einer Atomstrahluhr Cs-133 aus.
Cs-Atome fliegen durch einen ersten Magnetfeld-Filter, in dem jene Atome in dem gewünschten Energie-Eigenzustand ungehindert passieren können.
Diese Atome gelangen dann in ein Mikrowellenfeld, dessen Frequenz nachgeregelt werden kann.
Dort sollen sie von einem Hyperfein-Niveau in das andere gelangen. Anschließend durchqueren sie einen weiteren magnetischen Filter, der nur die 'aktivierten' Atome auf einen Detektor lenkt.
Die Frequenz der Mikrowellen wird nun so lange nachgeregelt, bis die Detektionsrate maximal wird.
Was ich aber nicht verstehe: Wieso bekomme ich denn überhaupt Signale, wenn die Frequenz nicht exakt mit der Bohr-Frequenz übereinstimmt?
Liegt das an unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Atome und des relativistischen Dopplereffekts oder woran?
Obendrein wird ständig davon gesprochen, dass die Resonanzfrequenz verschmiert ist.
Ist damit das selbe gemeint?
Die Verschmierung ist logischerweise ungewünscht, und invers proportional zur Durchquerungszeit des Mikrowellenfeldes.
Wieso ist das so?
Und zuguterletzt hat sich gezeigt, dass die Ramsey-Bestrahlung (Atome fliegen nacheinander durch räumlich getrennte Felder) die Verschmierung besser verringert, als wenn die Atome durch ein räumlich größeres Feld fliegen.
Was hat es mit dieser Ramsey-Bestrahlung auf sich, auf der ja auch Fontänenuhren beruhen?
Ich hoffe, es gibt jemanden, der sich hier damit auskennt :)
Gruß
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(Antwort) fertig | Datum: | 11:00 Mo 27.04.2015 | Autor: | Josef |
Hallo,
" In den meisten Atomuhren stammt die ausgetauschte Energie von Übergängen zwischen sogenannten Hyperfeinniveaus, die durch das magnetische Moment der Elementarteilchen erzeugt werden. Die Elektronen und die meisten Atomkerne haben einen Spin das heißt anschaulich gesprochen, sie drehen sich wie Kreisel um ihre eigene Achse und ein magnetisches Moment entlang der Drehachse; dadurch verhalten diese Teilchen sich wie magnetische Kompaßnadeln. Die Hyperfeinstruktur kommt dadurch zustande, daß die Drehachsen der Teilchen zueinander verschieden ausgerichtet sein können und dabei unterschiedliche Energien aufweisen (von Hyperfeinstruktur spricht man, weil diese Energieniveaus zunächst als feine Aufspaltung einzelner Spektrallinien entdeckt wurden).
Theoretisch liefern atomare Prozesse ideale Zeitstandards, doch der Teufel steckt wie stets im Detail. Die Atome absorbieren oder emittieren Energie nicht exakt bei der Resonanzfrequenz, sondern mit einer gewissen Frequenz-Unschärfe. Unter sonst gleichen Bedingungen ist die Genauigkeit, mit der die Resonanzfrequenz sich messen läßt, diesem Unschärfe-Intervall umgekehrt proportional. Ein Maß dafür ist der Qualitätsfaktor Q, definiert als die Resonanzfrequenz geteilt durch die Frequenz-Unschärfe. In der Regel nimmt Q demnach mit höherer Resonanzfrequenz zu.
Zudem ist die Unschärfe umgekehrt proportional zur Verweildauer des Atoms im Meßgerät; das heißt, der Qualitätsfaktor der Resonanzfrequenz und somit die Genauigkeit steigt mit der Dauer der Messung.
Auch die Bewegungen der Atome erzeugen durch scheinbare Verschiebungen der Resonanzfrequenz zusätzliche Unschärfe. Die Ursache ist der nach dem österreichischen Physiker Christian Doppler (1803 bis 1853) benannte Doppler-Effekt. Bei Atomen, die sich weit unterhalb der Lichtgeschwindigkeit bewegen, lassen sich Effekte erster und zweiter Ordnung unterscheiden.
Die Doppler-Verschiebung erster Ordnung ist proportional zur Geschwindigkeit des Atoms. Bewegt es sich in der Ausbreitungsrichtung des elektromagnetischen Feldes, nimmt es eine niedrigere Frequenz wahr; bewegt es sich der Welle entgegen, verschiebt sich die Frequenz scheinbar nach oben. Wenn Atom und Welle sich senkrecht zueinander bewegen, verschwindet der Doppler-Effekt erster Ordnung.
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Magazin | 01.09.1993 | Teilen
Ultragenaue Zeitmessung
Seit Jahrtausenden versucht der Mensch sein kostbarstes Gut die Zeit immer exakter zu quantifizieren. Künftige Präzisionsuhren werden bessere Navigationssysteme und raffinierte Tests der Relativitätstheorie ermöglichen.
Wayne M. Itano und Norman F. Ramsey
Selten beschwert sich jemand über die Genauigkeit moderner Uhren obwohl sie oft schneller zu laufen scheinen, als manchem, der es ohnehin immer eilig hat, lieb ist. Billige Quarzuhren gehen nur um etwa eine Sekunde pro Woche falsch, und das stört im Alltag überhaupt nicht; selbst mit einer mechanischen Armbanduhr muß man keinen Termin versäumen. Für höhere Ansprüche etwa beim Datenaustausch mit Raumsonden oder der satellitengestützten Ortung von Schiffen und Flugzeugen braucht man freilich Atomuhren, die in einer Million Jahre höchstens um eine Sekunde vor- oder nachgehen.
Auf den ersten Blick scheint es für noch genauere Zeitmessung weder technischen Spielraum noch überhaupt einen Bedarf zu geben. Doch bei vielen wissenschaftlich-technischen Anwendungen stößt man bereits an die Grenzen heutiger Apparate. Zum Beispiel sind einige Pulsare (Sterne, die regelmäßig kurze Schübe elektromagnetischer Strahlung aussenden) genauer als alle verfügbaren Uhren, und darum läßt sich ihre Periode nicht exakt bestimmen. Für die Überprüfung relativistischer Effekte und fundamentaler Naturkonstanten sind sogar noch zuverlässigere Geräte erforderlich.
Tatsächlich wird man mit neuen Verfahren, die auf dem Einfangen und Abkühlen einzelner Atome oder Ionen beruhen, höchstwahrscheinlich die Zeit bald tausendmal genauer als heute messen können. Schon oft haben sich scheinbar unveränderliche Vorgänge bei näherer Betrachtung als wandelbar erwiesen. Mit Sonnen-, Wasser- und Pendeluhren konnte man zwar den Tag genau genug in Stunden, Minuten und Sekunden einteilen, doch die feinen Abweichungen der Rotation und der Umlaufbahn der Erde ließen sich damit nicht entdecken.
Die Präzision einer Uhr hängt von der Regelmäßigkeit einer periodischen Bewegung ab, etwa der Schwingung eines Pendels. Dabei ist der Pendelarm mit der sogenannten Hemmung gekoppelt, die dafür sorgt, daß ein Zahnrad sich immer nur in eine Richtung weiterdreht; diese Bewegung wird dann über weitere Zahnräder auf die Zeiger übertragen. Bei der Suche nach besseren Uhren geht es meist darum, Systeme mit möglichst stabilen Schwingungen zu finden.
Die drei wichtigsten Kriterien für eine Standardfrequenz sind Stabilität, Reproduzierbarkeit und Genauigkeit. Die Stabilität ist ein Maß für die Unveränderlichkeit der Frequenz und hängt von der Beobachtungsdauer ab; die Abweichung einer bestimmten Standardfrequenz mag in einer Sekunde nur 1 zu 100 Milliarden betragen, doch innerhalb eines Jahres kann sie durchaus auf 1 zu 10 Milliarden anwachsen. Die Reproduzierbarkeit gibt an, wie gut die Meßwerte bei mehreren Instrumenten gleicher Bauweise übereinstimmen. Die Genauigkeit ist ein Maß dafür, bis zu welchem Grad eine bestimmte Uhr ein definiertes Zeitintervall (beispielsweise eine Sekunde) wiederzugeben vermag.
Pendel- und Federuhren
Noch zu Beginn dieses Jahrhunderts waren Pendeluhren am genauesten. Schon der italienische Naturforscher Galileo Galilei (1564 bis 1642) hatte festgestellt, daß die Schwingungsperiode des Pendels (bei nicht zu großer Auslenkung) praktisch unabhängig von der Amplitude ist. Eine komplette Schwingung dauert also unabhängig von der Weite des einzelnen Pendelschlags immer gleich lange. Doch erst 1657 erfand der holländische Physiker Christian Huygens (1629 bis 1695) eine Hemmung, die das Pendel durch allmähliches Abrollen eines Gewichts immer wieder anstößt, und somit die Pendeluhr. Spätere Chronometer nutzten die Schwingung einer federgetriebenen Unruhe; sie ließen sich deshalb in die Tasche stecken oder am Handgelenk tragen.
Mit großem Aufwand suchte man die bewährten Pendel- und Unruhe-Mechanismen mehr und mehr zu verbessern. Störende Temperatureffekte wurden ausgeglichen, indem man Materialien mit unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten kombinierte. Eine radikalere Idee verwirklichte der britische Ingenieur William H. Shortt 1920 mit zwei synchronisierten Pendeln: Das Führungspendel schwingt dabei frei in einem Unterdruckgefäß, ohne ein Uhrwerk antreiben zu müssen; es aktiviert nur einen elektrischen Schalter, der die Schwingung des abhängigen Pendels steuert. Darum ist die Periode der Shortt-Uhr extrem stabil mit einem Fehler von wenigen Sekunden pro Jahr (etwa 1 zu 10 Millionen) setzte sie sich in vielen Labors als Normaluhr durch (Bild 2).
Einen Qualitätssprung bedeutete die Entwicklung elektronischer Quarzkristall-Oszillatoren. Ihre Frequenz hängt von der Periode der elastischen Schwingung eines sorgfältig ausgeschnittenen Quarzkristalls ab. Die Schwingung wird elektronisch mit Hilfe des piezoelektrischen Effekts aufrechterhalten: Druck oder Zug erzeugen im Kristall eine kleine elektrische Spannung, und umgekehrt verformt ihn eine von außen angelegte elektrische Spannung geringfügig.
Die Schwingungsfrequenz hängt von Form und Größe des Kristalls ab. In manchen Armbanduhren ist der Quarz wie eine millimetergroße Stimmgabel zugeschnitten, manchmal auch als flache Scheibe. Er steht über einen elektrischen Schaltkreis unter Wechselstrom und stellt dessen Frequenz mittels elektrischer Rückkopplung auf die natürliche Schwingungsfrequenz von Quarz (normalerweise bei 32768 Hertz) ein. Der Wechselstrom fließt außerdem über einen digitalen Frequenzteiler, der für eine bestimmte Anzahl von Eingangsimpulsen einen einzelnen Ausgangsimpuls erzeugt und damit die mechanische oder elektronische Ziffern-Anzeige betreibt.
Quarzuhren
Ende der zwanziger Jahre bauten Joseph W. Horton und Warren A. Marrison an den Bell-Laboratorien in Murray Hill (New Jersey) die erste Quarzuhr, und in den vierziger Jahren verdrängten solche Geräte die Shortt-Pendeluhren als Laborstandard. Sie waren stabil bis auf etwa 0,1 Millisekunden pro Tag (1 zu 1 Milliarde). Da sie relativ billig sind, werden sie weiterhin im Labor am häufigsten benutzt.
Bei handelsüblichen Armbanduhren handelt es sich heutzutage meist um vereinfachte und verkleinerte Versionen der Quarz-Frequenzstandards. Seit man Quarzkristalle zuverlässig in dünne, stimmgabelförmige Scheiben zu schneiden und winzige elektronische Bauteile mit geringem Stromverbrauch herzustellen vermag, beherrschen Quarz-Armbanduhren den Markt.
Doch für viele wissenschaftliche Zwecke beispielsweise zur Überprüfung der Relativitätstheorie sind selbst Quarzuhren zu ungenau. Albert Einsteins Theorie zufolge verformt die Gravitation Raum und Zeit, und weil die Schwerkraft mit wachsender Entfernung abnimmt, vergeht die Zeit zum Beispiel hoch über der Erde rascher als auf dem Boden. Doch dieser Unterschied ist minimal: Auf dem Gipfel des Mount Everest gehen Uhren etwa 30 millionstel Sekunden pro Jahr schneller als auf Meereshöhe. Dieser Unterschied läßt sich nur mit Atomfrequenz-Normaluhren nachweisen.
Die quantisierten Energieniveaus von Atomen und Molekülen bilden die physikalische Grundlage für solche Atomfrequenz-Standards. Nach den Gesetzen der Quantenmechanik haben die Energien eines gebundenen Systems etwa eines Atoms bestimmte diskrete Werte. Ein elektromagnetisches Feld vermag ein Atom zum Übergang auf ein höheres Energieniveau anzuregen, und umgekehrt kann ein angeregtes Atom unter Emission elektromagnetischer Energie in einen niedrigeren Zustand übergehen.
Bei einer ganz bestimmten Frequenz wird ein Maximum an Energie ausgesandt oder absorbiert. Diese Resonanzfrequenz entspricht der Differenz zwischen den Energieniveaus geteilt durch das Plancksche Wirkungsquantum. Da sie außerordentlich stabil ist, eignet sie sich hervorragend als Zeitstandard. Indem man die Frequenz beobachtet, bei der Atome elektromagnetische Energie aussenden oder absorbieren, verwendet man das Atom gewissermaßen als Normalpendel, dessen Oszillationen als Maß für die verstrichene Zeit dienen.
Atomuhren
Zwar haben wir damit das quantenphysikalische Prinzip von Atomuhren beschrieben, doch die tatsächlich genutzten Effekte sind etwas komplizierter. In den meisten Atomuhren stammt die ausgetauschte Energie von Übergängen zwischen sogenannten Hyperfeinniveaus, die durch das magnetische Moment der Elementarteilchen erzeugt werden. Die Elektronen und die meisten Atomkerne haben einen Spin das heißt anschaulich gesprochen, sie drehen sich wie Kreisel um ihre eigene Achse und ein magnetisches Moment entlang der Drehachse; dadurch verhalten diese Teilchen sich wie magnetische Kompaßnadeln. Die Hyperfeinstruktur kommt dadurch zustande, daß die Drehachsen der Teilchen zueinander verschieden ausgerichtet sein können und dabei unterschiedliche Energien aufweisen (von Hyperfeinstruktur spricht man, weil diese Energieniveaus zunächst als feine Aufspaltung einzelner Spektrallinien entdeckt wurden).
Theoretisch liefern atomare Prozesse ideale Zeitstandards, doch der Teufel steckt wie stets im Detail. Die Atome absorbieren oder emittieren Energie nicht exakt bei der Resonanzfrequenz, sondern mit einer gewissen Frequenz-Unschärfe. Unter sonst gleichen Bedingungen ist die Genauigkeit, mit der die Resonanzfrequenz sich messen läßt, diesem Unschärfe-Intervall umgekehrt proportional. Ein Maß dafür ist der Qualitätsfaktor Q, definiert als die Resonanzfrequenz geteilt durch die Frequenz-Unschärfe. In der Regel nimmt Q demnach mit höherer Resonanzfrequenz zu. Zudem ist die Unschärfe umgekehrt proportional zur Verweildauer des Atoms im Meßgerät; das heißt, der Qualitätsfaktor der Resonanzfrequenz und somit die Genauigkeit steigt mit der Dauer der Messung.
Auch die Bewegungen der Atome erzeugen durch scheinbare Verschiebungen der Resonanzfrequenz zusätzliche Unschärfe. Die Ursache ist der nach dem österreichischen Physiker Christian Doppler (1803 bis 1853) benannte Doppler-Effekt. Bei Atomen, die sich weit unterhalb der Lichtgeschwindigkeit bewegen, lassen sich Effekte erster und zweiter Ordnung unterscheiden.
Die Doppler-Verschiebung erster Ordnung ist proportional zur Geschwindigkeit des Atoms. Bewegt es sich in der Ausbreitungsrichtung des elektromagnetischen Feldes, nimmt es eine niedrigere Frequenz wahr; bewegt es sich der Welle entgegen, verschiebt sich die Frequenz scheinbar nach oben. Wenn Atom und Welle sich senkrecht zueinander bewegen, verschwindet der Doppler-Effekt erster Ordnung.
Die Doppler-Verschiebung zweiter Ordnung ist eine Folge der Zeitdilatation. Der Relativitätstheorie zufolge verstreicht die Zeit für bewegte Objekte langsamer; ein Atom in Bewegung nimmt darum eine etwas andere Frequenz wahr als ein Atom in Ruhe. Dieser Effekt ist in der Regel viel geringer als die Verschiebung erster Ordnung; er ist proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit und unabhängig von der Bewegungsrichtung des Atoms relativ zur elektromagnetischen Welle.
Es gibt aber noch weitere Störfaktoren. So wird das Signal zusätzlich verrauscht, weil die Atome miteinander kollidieren. Auch die Umgebung beeinflußt die Resonanzfrequenzen. Defekte der elektronischen Ausrüstung, elektromagnetische Streufelder und die allgegenwärtige Wärmestrahlung sind Fehlerquellen. Ein guter atomarer Frequenzstandard muß nicht nur ein stabiles periodisches Signal liefern, sondern zudem diese Fehler möglichst gering halten.
Atomstrahlresonanz
Eine der ersten und heute gebräuchlichsten Alternativen ist die Atomstrahlresonanz-Methode, die Isidor Isaac Rabi an der Columbia-Universität New York in den dreißiger Jahren entwickelt hat. Atome verlassen eine kleine Kammer durch eine enge Blende und bilden einen Strahl. Das gesamte Gerät läßt sich gegen elektromagnetische Streufelder abschirmen und gegen äußere Wärmequellen isolieren. Vor allem sind atomare Kollisionen praktisch ausgeschlossen, da der ganze Apparat in einer langen Vakuumkammer untergebracht ist: Darin herrscht so geringer Druck, daß die Atome mit großer Wahrscheinlichkeit ohne Zusammenstoß das andere Ende der Röhre erreichen. Im Prinzip zerfällt das Atomstrahlresonanz-Verfahren in drei Schritte (Bild 3 links). Zunächst zwingt ein speziell geformtes Magnetfeld den Atomstrahl auf eine gekrümmte Bahn und filtert die Atome im gewünschten Energiezustand heraus: Nur diese werden just so abgelenkt, daß sie die Öffnung eines Hohlraums treffen. Der zweite und entscheidende Schritt versetzt die ausgewählten Atome in einen anderen Energiezustand, indem sie im Hohlraum ein Mikrowellenfeld passieren. Nur wenn dessen Frequenz mit der Resonanzfrequenz der Atome übereinstimmt, gehen sie in ein anderes Energieniveau über. Der dritte Schritt sucht nun genau diese Atome heraus.
Man führt den Strahl durch einen zweiten Magnetfilter, der nur die Atome mit passendem Energieniveau auf einen Detektor lenkt, wo sie als Strompulse nachgewiesen werden. Wenn die Mikrowellenfrequenz genau mit der Resonanzfrequenz der Atome übereinstimmt, erreichen besonders viele Atome den Detektor, andernfalls weniger. Ein elektronischer Rückkopplungsmechanismus sorgt nun automatisch für exakte Abstimmung: Wenn der vom Detektor erzeugte Strom abnimmt, wird die Frequenz des Mikrowellenfeldes variiert, bis das Detektor-Signal wieder sein Maximum erreicht. Auf diese Weise stellt sich die Frequenz der eingestrahlten Mikrowellen immer auf die Resonanzfrequenz der Atome ein. Zur Zeitmessung koppelt man das eingestrahlte Feld mit einem Frequenzteiler, der Meßpulse erzeugt. Dabei entsprechen die Atome dem Kristall einer Quarzuhr oder dem Führungspendel einer Shortt-Uhr; das Mikrowellenfeld übernimmt dabei die Funktion des Schwingkreises beziehungsweise des abhängigen Pendels, die das Uhrwerk antreiben. Bei einigen Versionen des Atomstrahlfrequenz-Standards lenkt man gerade die Atome mit verändertem Energiezustand nicht auf den Detektor, sondern an ihm vorbei; registriert werden die unveränderten. An der Genauigkeit ändert sich dabei nicht viel. All diese Varianten sind unterschiedliche Kompromisse zwischen Größe, Kosten und Kompliziertheit der Apparatur.
Eine wichtigere Abwandlung des Atomstrahlresonanz-Verfahrens hat einer von uns (Ramsey) 1949 mit der Methode der separierten Schwingungsfelder entwickelt. Dabei wird der Atomstrahl nicht nur einem einzigen Feld ausgesetzt, sondern passiert nacheinander zwei separate Felder. Das hat viele Vorteile; unter anderem wird die Resonanz schärfer, und man vermeidet die Doppler-Verschiebung erster Ordnung. Aus diesem Verfahren haben Jerrold R. Zacharias vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge sowie Louis Essen und John V.L. Parry vom britischen Nationalen Physik-Laboratorium in Teddington (England) Mitte der fünfziger Jahre brauchbare Frequenzstandards entwickelt. Uhren mit separierten Schwingungsfeldern bieten optimale Reproduzierbarkeit. Die besten stehen in einigen Nationallaboratorien, doch kleinere und weniger genaue kann man kaufen. Diese Geräte arbeiten mit Cäsium; seine Vorteile gegenüber anderen Elementen sind eine verhältnismäßig hohe Resonanzfrequenz bei 9192 Megahertz mit geringer Resonanzbreite und somit ein hervorragender Qualitätsfaktor Q. Außerdem läßt Cäsium sich leicht und wirksam nachweisen. Man braucht als Detektor bloß einen heißen Metalldraht: Das auftreffende Cäsium-Atom wird ionisiert und erzeugt einen elektrischen Strom. Die Q-Werte liegen bei 100 Millionen und sind damit mehrere tausendmal höher als die von Quarz-Armbanduhren. Die Reproduzierbarkeit der besten Cäsium-Standards ist mit ungefähr 1 zu erheblich besser als die Gleichmäßigkeit der Erdrotation und des Erdumlaufs."
Quelle: http://www.spektrum.de/alias/dachzeile/ultragenaue-zeitmessung/821073
Viele Grüße
Josef
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