Eine Art "Ziegenproblem" (WA) < Wahrscheinlichkeitstheorie < Stochastik < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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Aufgabe | Drei zum Tode verurteilte Gefangene: Peter, Paul, Mary.
Einer wird begnadigt (Wahrscheinlichkeit für jeden 1/3).
Peter bittet den Wärter (der weiß, wer begnadigt wird), ihm einen seiner Kameraden zu nennen, der sterben muss, der Wärter sagt "Mary". (Der Wärter antwortet mit gleicher Wahrscheinlichkeit Paul oder Mary, wenn Peter der Begnadigte ist!)
Peter denkt sich: Da entweder Paul oder ich sterben müssen, habe ich eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 50%.
Stimmt das? |
Hallo!
Bei dieser Aufgabe soll man nicht nur "Ja" oder "Nein" sagen, sondern das auch noch begründen (mit allen Regeln der höheren mathematischen Kunst). Ich kenne ja das ähnliche "Ziegenproblem", bei dem wohl dann die Wahrscheinlichkeit 1/2 ist.
Das hätte ich hier auch gesagt. Ich habe dann aber mal probiert, irgendwie rechnerisch ranzugehen und habe zwei Wahrscheinlichkeits-Bäume formuliert:
[Dateianhang nicht öffentlich]
[Dateianhang nicht öffentlich]
(Bedingte Wahrscheinlichkeiten jeweils in der zweiten Zeile der Bäume, da ja die Aussage des Wärters von der Begnadigung abhängt und umgekehrt).
Wenn meine Überlegungen und Berechnungen dazu stimmen würden, wäre die Überlebenswahrscheinlichkeit von Peter also nicht 50%, sondern weiterhin 1/3.
Habe ich etwas falsch gemacht?
Danke für eine Erleuchtung durch Euch,
Grüße,
Stefan
Dateianhänge: Anhang Nr. 1 (Typ: png) [nicht öffentlich] Anhang Nr. 2 (Typ: png) [nicht öffentlich]
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Hallo,
nimms mir nicht uebel, aber ich finde, deine W-baeume tragen nicht sonderlich zur erhellung des problems bei... ich jedenfalls kann keine schlussfolgerungen aus ihnen ziehen.
Schau dir doch nochmal die loesung des ziegenproblems an, oder hier eine veranschaulichung des gefangenparadoxons. Der Grundgedanke des problems wird sehr viel deutlicher, wenn man statt 3 zb. 100 gefangene betrachtet und der waerter auf nachfrage peter's 98 seiner mitgefangenen als sterbekandidaten nennt. Die Chancen des 99. mitgefangenen zu ueberleben sind dann natuerlich viel hoeher als die peter's...
Allerdings hat dieses Problem, wie ich finde, nicht zu unrecht den namen "paradoxon", bei wiki gibt es auch noch den folgenden netten zusatz (die namen sind angepasst):
„Nachdem also Peter die Antwort des Wärters bekommen hat, besucht der Wärter Paul. Paul fragt den Wärter, was dieser bei Peter gemacht habe. Der Wärter erzählt ihm die Geschichte. Worauf nun Paul antwortet: Gott sei Dank habe ich nicht zuerst gefragt!“
gruss
Matthias
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Hallo MatthiasKr,
danke für deine Antwort. Die bringt mich jetzt aber dazu zu glauben, dass ich mit meinen Überlegungen gar nicht so falsch gelegen habe, nachdem ich mir den Artikel durchgelesen habe.
Ich möchte meine W-Bäumen erklären, damit ihr meine "Lösung" auch noch einmal bestätigen könnte
Also, ich gehe davon aus, dass "Bedingte Wahrscheinlichkeit" bei der Aufgabe eine Rolle spielt (einen anderen Ansatzpunkt habe ich nicht gefunden).
Wenn ich nun die Losentscheidung der Begnadigung als ein Ereignis A über der Ergebnismenge [mm] \Omega [/mm] = [mm] \{Peter,Paul,Mary\} [/mm] ansehe und die Aussage des Wärters gegenüber Peter als das Ereignis B, und nun zunächst die entsprechenden (mir bekannten) Wahrscheinlichkeiten berechne, wie B in Abhängigkeit von A eintritt, erhalte ich den folgenden Baum:
[Dateianhang nicht öffentlich]
Er verkörpert gewissermaßen die objektive Sicht eines Betrachters. Die Sicht von Peter ist aber genau andersherum: Er will aus der Aussage des Wärters Schlüsse ziehen, also Aussagen über das Ereignis A in Abhängigkeit von Ereignis B treffen. Durch Benutzung der Formel von Bayes etc. kann ich nun auch diese bedingten Wahrscheinlichkeiten berechnen und erhalte den folgenden Baum:
[Dateianhang nicht öffentlich]
Dieser sagt nun aus: Auf die Frage Peters antwortet der Wärter zwar mit der gleichen Wahrscheinlichkeit "Paul" oder "Mary", aber wenn der Wärter "Paul" sagt, bedeutet das nicht, dass "Mary" mit der gleichen Wahrscheinlichkeit wie "Peter" begnadigt wird, sondern Mary die Wahrscheinlichkeit 2/3, begnadigt zu werden, die von "Peter" bleibt bei 1/3.
Stimmt das so?
Wie genau müsste ich die Ereignisse A und B formulieren, und wie sieht die Ergebnismenge [mm] \Omega [/mm] aus? Ich glaube nämlich, dass ich A und B nicht über der gleichen Ergebnismenge [mm] \Omega [/mm] formulieren kann...
Danke für Eure Hilfe!
Grüße,
Stefan
Dateianhänge: Anhang Nr. 1 (Typ: png) [nicht öffentlich] Anhang Nr. 2 (Typ: png) [nicht öffentlich]
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Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 13:43 So 25.10.2009 | Autor: | koepper |
Hallo Stefan,
im Gegensatz zu Mathias finde ich deine Ereignisbäume durchaus erhellend.
Du hast die Frage auch absolut richtig beantwortet.
Der Begriff "Ereignis" scheint dir aber noch nicht ganz klar zu sein. Ereignisse in einem Zufallsexperiment sind immer Teilmengen der Ergebnismenge. Wenn das Zufallsexperiment hier in der Begnadigung besteht, dann ist
[mm] $\Omega_1 [/mm] = [mm] \{\text{Peter}, \text{Paul}, \text{Mary}\}$
[/mm]
wie du korrekt geschrieben hast.
Die Aussage des Wärters ist aber ein neues Zufallsexperiment mit der gleichen Ergebnismenge [mm] $\Omega_2 [/mm] = [mm] \Omega_1$.
[/mm]
Die Wahrscheinlichkeiten der Ereignisse aus [mm] $\Omega_2$ [/mm] sind a priori die gleichen, ändern sich aber (a posteriori) wenn der Ausgang des ersten Experiments bekannt ist und werden dann zu bedingten Wahrscheinlichkeiten.
LG
Will
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Okay,
vielen Dank für deine Erläuterung und Bestätigung, Will!
Grüße,
Stefan
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