Erwartungswert < Wahrscheinlichkeitstheorie < Stochastik < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.
Hallo,
ich habe glaube ich ein Verständnisproblem von Erwartungswerten bei stetigen Gleichverteilungen. Hierzu habe ich schon einige Beispiele auf Webseiten zur Wartezeit auf einen Bus gelesen, der beispielhaft genau alle y Minuten an einer Haltestelle eintrifft, wobei man nicht weiß, wann dieser dort zuletzt eingetroffen ist. Der Erwartungswert berechnet sich dann nach der Formel E(X) = y/2. Man muss folglich im Mittel y/2 Minuten auf den Bus warten. Auch die Verteilungs- und Dichtefunktion verstehe ich.
Angenommen es gibt jetzt einen zweiten Bus, der auch alle y Minuten an der gleichen Haltestelle eintrifft. Es ist ebenfalls nicht bekannt, wann dieser Bus dort zuletzt eingetroffen ist. Für beide Busse gilt aufgrund der Unabhängigkeit der Zufallsvariablen die obige Formel zur Berechnung des Erwartungswertes.
Wenn ich jetzt wissen möchte, wie lange ich nun im Mittel auf einen der beiden Busse warten muss, dann weiß ich nicht so recht weiter. Nach meinem Gefühl sollte der Erwartungswert sinken, nach der obigen Formel würde dies jedoch aber auch bedeuten, dass sich das Intervall verkleinern muss, was nicht der Fall ist. In der Folge müsste dies doch darauf hindeuten, dass ein verringerter Erwartungswert zu einer anderen Verteilung der Wahrscheinlichkeit führt? Ich vermute, dass es sich dann nicht mehr um eine stetige Gleichverteilung handeln kann, weil die Wahrscheinlichkeit im gleichen Intervall von 0 bis y zu Beginn schneller steigen müsste. Dadurch kann die Dichtefunktion nicht mehr konstant sein. Zudem wäre die Fläche im Intervall von 0 bis y bei einer konstanten Dichtefunktion am Ende größer als 1.
Irgendwo habe ich sicherlich einen Denkfehler. Über einen Tipp wäre ich dankbar.
Viele Grüße,
Nikolas
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(Antwort) fertig | Datum: | 22:01 Di 30.10.2018 | Autor: | luis52 |
Moin Quentus57,
Mir stellt sich die Sache so dar: Es liegen zwei unabhaengige Zufallsvariablen $U_$ und $V_$ vor, die beide gleichverteilt sind im Intervall $(0,y)$, $y>0$. Bestimme den Erwartungswert von [mm] $W=\min\{U,V\}$.
[/mm]
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Hiho,
> Wenn ich jetzt wissen möchte, wie lange ich nun im Mittel
> auf einen der beiden Busse warten muss, dann weiß ich
> nicht so recht weiter. Nach meinem Gefühl sollte der
> Erwartungswert sinken,
Das tut er auch.
> nach der obigen Formel würde dies
> jedoch aber auch bedeuten, dass sich das Intervall
> verkleinern muss, was nicht der Fall ist.
Hier gehst du (anscheinend) von der Annahme aus, dass die Zufallsvariable "einer der beiden Busse kommt", auch den Erwartungswert [mm] $\frac{y}{2}$ [/mm] hat.
Das stimmt aber gar nicht.
> In der Folge müsste dies doch darauf hindeuten, dass ein verringerter
> Erwartungswert zu einer anderen Verteilung der
> Wahrscheinlichkeit führt?
Auch wenn das nicht die Erkenntnis des obigen Gedankenspiels ist: Ja das stimmt.
Hast du zwei irgendwie verteilte Zufallsvariablen X und Y so folgt aus $E[X] [mm] \not= [/mm] E[Y]$ sofort, dass beide Verteilungen nicht identisch sein können.
> Ich vermute, dass es sich dann
> nicht mehr um eine stetige Gleichverteilung handeln kann,
Das stimmt. Wie kommst du auch zu der Annahme (die du oben ja schon impliziert hast).
Luis hat's ja schon kurz und knapp gesagt: Das Ereignis, dass einer der beiden Busse kommt, wird beschrieben durch $W = [mm] \min\{U,V\}$.
[/mm]
Berechne doch mal die dazugehörige Dichte und dann den Erwartungswert von W.
Lösungshinweis: Es gilt $E[W] = [mm] \frac{y}{3}$, [/mm] was auch deiner Intuition entspricht.
> weil die Wahrscheinlichkeit im gleichen Intervall von 0 bis
> y zu Beginn schneller steigen müsste. Dadurch kann die
> Dichtefunktion nicht mehr konstant sein. Zudem wäre die
> Fläche im Intervall von 0 bis y bei einer konstanten
> Dichtefunktion am Ende größer als 1.
Interessant ist, dass du glaubst, dass durch die Kombination zweier irgendwie gearteter Dichten wieder eine Dichte zustande kommt… bzw man sie irgendwie kombinieren müsste.
Eigentlich ist es genau andersrum, dafür müsstest du dich aber beschäftigen mit "gemeinsamen Dichtefunktionen". Man benötigt Wissen über die gemeinsame Dichte von U und V, d.h. die Dichte von dem Zufallsvektor $(U,V)$.
Das hat man hier zwar, aber wenn du das noch nicht hattest, wäre es nicht sehr zielführend sich darüber auszulassen.
Gruß,
Gono
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Hallo Gono und Luis,
vielen Dank für eure Antworten.
Ich habe noch zwei Folgefragen:
1. Vielleicht eine doofe Frage: Warum beschreibt $ W = [mm] \min\{U,V\} [/mm] $ meine Frage bzw. den Sachverhalt? Das verstehe ich leider (noch) nicht so recht.
Welche natürlichsprachliche Beschreibung hätte dann denn $ Z = [mm] \max\{U,V\} [/mm] $?
2. Angenommen es warten nun zwei Personen auf den Bus, aber jeder der zwei Busse kann nur eine Person transportieren und kommt immer ohne Fahrgägste an. Für die erste Person, die vor der zweiten Person erschien, gilt der Erwartungswert von $ W = [mm] \min\{U,V\} [/mm] $ (meine Ausgangsfrage). Wie schaut es denn mit dem Erwartungswert für die zweite Person aus? Diese wird ja nie den ersten Bus bekommen, sondern immer den zweiten. Meinem Verständnis nach sind ja beide Zufallsvariablen (sei $U$ die Wartezeit auf den ersten Bus und $V$ die Wartezeit auf den zweiten Bus) unabhängig voneinander. Ich vermute aber mal, dass nicht $ E = [mm] \frac{y}{2} [/mm] $ die Lösung sein wird, sondern das Erwartungswert für die zweite Person etwas größer sein wird.
Viele Grüße,
Nikolas
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(Antwort) fertig | Datum: | 16:33 Do 01.11.2018 | Autor: | luis52 |
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> Ich habe noch zwei Folgefragen:
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> 1. Vielleicht eine doofe Frage: Warum beschreibt [mm]W = \min\{U,V\}[/mm]
> meine Frage bzw. den Sachverhalt?
Die Person steigt in den ersten Bus ein, der kommt. Das ist der Bus mit der geringeren Wartezeit $W_$.
> Welche natürlichsprachliche Beschreibung hätte dann denn
> [mm]Z = \max\{U,V\} [/mm]?
Die Wartezeit auf den spaeteren Bus.
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> 2. Angenommen es warten nun zwei Personen auf den Bus, aber
> jeder der zwei Busse kann nur eine Person transportieren
> und kommt immer ohne Fahrgägste an. Für die erste Person,
> die vor der zweiten Person erschien, gilt der
> Erwartungswert von [mm]W = \min\{U,V\}[/mm] (meine Ausgangsfrage).
> Wie schaut es denn mit dem Erwartungswert für die zweite
> Person aus? Diese wird ja nie den ersten Bus bekommen,
> sondern immer den zweiten.
[mm] $\operatorname{E}[Z]$
[/mm]
> Meinem Verständnis nach sind ja
> beide Zufallsvariablen (sei [mm]U[/mm] die Wartezeit auf den ersten
> Bus und [mm]V[/mm] die Wartezeit auf den zweiten Bus) unabhängig
> voneinander. Ich vermute aber mal, dass nicht [mm]E = \frac{y}{2}[/mm]
> die Lösung sein wird, sondern das Erwartungswert für die
> zweite Person etwas größer sein wird.
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