Gerhardt, Paul < Religion < Geisteswiss. < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 12:04 Sa 05.08.2006 | Autor: | Rgber82 |
Hallo!
Bin völlig aufgeschmissen, suche seit Wochen nach Literatur zum Thema "Interpretation von Kirchenliedern von Paul Gerhardt" für eine Hausarbeit an der Uni... in unserer Bib ist schon gleich überhaupt nichts dazu und die Recherche im Internet bringt mich fast zum verzweifeln...
hat jemand von euch einen Tip???
Danke schon mal...
PS: Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.
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(Antwort) fertig | Datum: | 13:00 Sa 05.08.2006 | Autor: | Josef |
Hallo,
Nr. 1: "Wie soll ich dich empfangen"
Auf dieses Lied haben wir schon oben (S. 91 ff.) in bezug auf die "insistierende Nennung" samt "Strophenbau/-bindung" unser Augenmerk gerichtet, weil es uns sehr kunstvoll gebaut schien. Das dazu Erarbeitete soll im folgenden unter dem Aspekt der "Metakommunion" noch erweitert und vertieft werden.
Der Gottesbezug wird hier zunächst mit der direkten Anrede und pronominal mit den Formen "dich" und "dir" (1. und 2. V.) hergestellt, ohne daß man zunächst weiß, wer angesprochen wird. Dieses Du wird dann in den folgenden Versen mit den parallelen Substantivmetaphern "aller Welt Verlangen" und "meiner Seelen Zier" prädiziert und "enträtselt" (zur "Verrätselung" siehe Hillenbrand, S. 81).
Mit diesen beiden Substantiven samt ihren für Gerhardt typischen vorangestellten Genitivattributen wird das Lied sozusagen gleich von Anfang an auf zwei Ebenen rezipiert, einer globalen und einer personalen, indem auf die Bedeutung von Jesus sowohl als Erretter für die ganze Welt als auch für den einzelnen, hier das Ich des Liedes, hingewiesen wird. Damit ist die Thematik - es geht um Jesu Kommen als Erlöser und Weltherrscher - angeschlagen.
Jesus wird nun dreimal direkt angesprochen, und zwar mit Hilfe der emotional gefärbten und hier anaphorisch verwendeten Interjektion "O", was der Nachdrücklichkeit und Verlebendigung dient, und zusätzlich wirkt die Wiederholung des Anrufs in Form seines Namens, "Jesus", intensivierend. Mit einer eindringlichen Bitte an ihn um sein helles Licht, die "Fackel", endet diese sehr affektiv gefärbte und kunstfertig gestaltete erste Strophe.
In dieser Strophe ist das Jasagen, die persönliche Aneignung der objektiven Heilswahrheit entscheidend. Dies wird nun im weiteren Verlauf des Liedes entfaltet im Sinne der fürs Heil notwendigen adaptio. In Strophe 2 erkennen wir, daß parallel zur Gegenwart des Ich eine zweite Ortsebene - Jerusalem - samt der Zeitebene der Vergangenheit in Form vom Geschehen am Palmsonntag eingeführt wird. Hier scheint ein antithetischer Parallelismus membrorum vorzuliegen (siehe o., S. 95 ff.), denn das äußere Geschehen in Jerusalem - "Dein Zion streut dir Palmen und grüne Zweige hin" (Str. 2, V. 1/2) - wird dem Loben der "Ich"-Person gegenübergestellt (Str. 2, V. 3/4). Gerhardt mildert aber diese Gegenüberstellung mit dem "Grünen" des Herzens, indem er mit der Wiederaufnahme der Farbe "grün" gleichsam eine Brücke zwischen der Antithetik schlägt und sie auflöst, so daß wir den Parallelismus als "ergänzend"/"synthetisch" betrachten könnten. Allerdings ist der Lobpreis beim Sänger verinnerlicht (Str. 2, V. 5-8).92
Diese synthetische Sehweise bewirkt auch eine bruchlose Verbindung zwischen Altem und Neuem Testament und dem Lobpreis im Himmel, wo Gott neben dem Lobgesang ebenfalls mit Palmen gehuldigt wird (Off. 7, 9). Dieselbe Verbindung wird weiter durch die Bitte des Sängers um die "Fackel" in Strophe l unterstrichen, denn dies bedeutet wieder einen Brückenschlag zwischen alttestamentlichen Prophezeiungen (Jes. 62, 1), der Gegenwart des Sängers und der eschatologischen Wirklichkeit (siehe o., S. 138) .
Somit können wir gleichsam von einer mehrfachen Spiegelung sprechen. Das Alte Testament spiegelt sich im Neuen, dieses Geschehen geht gleichzeitig jeden Christen an und hat schließlich seine himmlische Entsprechung. Meiner Meinung nach wird hier schön die Ewigkeitsperspektive in bezug auf Jesus, "der da ist und der da war und der da kommt" (Off. 1, 8), veranschaulicht. Denn die drei Zeitebenen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft fallen in der Ewigkeit zusammen (siehe a. o., S. 92 und u., S. 147). Diese zeitliche "Mehrdimensionalität" begleiten auch die unterschiedlichen Ortsebenen, nämlich der Standpunkt des Sängers, Israel/Jerusalem und die Welt.
Für den Rest der ersten Hälfte, also in den folgenden drei Strophen, wird nun die individuelle Bedeutung der Heilstat weiter meditiert, wobei sich der Sänger immer im Gespräch an Jesus wendet. Antithetisch wird die Lage des Ich, sein Verloren- und Gefangensein dargestellt vor dem Hintergrund, wo Jesus, der aus aller Not retten kann, als Erlöser klar hervortritt. Dies geschieht ausdrücklich in der grammatischen Form des Subjekts. Die 5. Strophe faßt das Reflektierte zusammen, wobei der Ausdruck "alle Welt" nochmals auf die weltweite Bedeutung von Jesu Kommen hinweist und damit die zweifache Rezeption der Anfangsstrophe wieder aufnimmt. Es klingen hier erneut die globale und die individuelle Perspektive des Liedes an, bevor Gerhardt dann in der zweiten Hälfte zu einer neuen Interaktionsform übergeht.
Denn in bezug auf die Metakommunion liegt ein deutlicher Einschnitt mit Abschluß der 5. Strophe und somit eine Zweiteilung des Liedes vor, was einer klaren Symmetrie der Großform gleichkommt. In den ersten fünf Strophen spricht der Sänger in der "Ich-Form" von Anfang an Jesus als Gegenüber mit "Du" an, ist also in seiner Sprechhaltung gebethaft ganz auf Jesus ausgerichtet, während er sich ab Strophe 6 deutlich an ein "Ihr", die Zuhörer - die Gemeinde - wendet, indem er ihnen weitervermittelt, was ihm eben im Gebet bewußt gemacht worden ist. Hier erkennen wir meiner Meinung nach schön, was sich im Glauben vollzieht: Der von Jesus bewegte und erbaute Glaubende muß die frohe Botschaft weiterbringen, er kann nicht anders (vgl. Jesu Auftrag an seine Jünger, Matth. 28, 19-20).
Im Vergleich zur ersten Hälfte wird das Lied somit von einer andersartigen Sprechhaltung des Sängers und damit einer neuen Interaktionsart geprägt. Man könnte sie predigthaft nennen, denn jetzt richtet sich der Sänger nämlich verkündigend und gleichzeitig seelsorgerlich an seine Zuhörer, nachdem er durch die ersten Strophen hindurch selbst erbaut worden ist. Auch spricht er von Jesus dem Erretter in der 3. Person mit Ausnahme der letzten Halbstrophe, wo er sich in einer direkten, eindringlichen Bitte an ihn wendet, er möge bald erscheinen. Diese Bitte bildet mit dem der Offenbarung entnommenen Ruf "Komm" (Off. 22, 17 und 20) einen einprägsamen Schlußpunkt (vgl. o., S. 92).
Zusammenfassend können wir festhalten, daß im ganzen gesehen die Interaktionsart der 2. Liedhälfte parallel zu der der ersten verläuft. Oben (S. 101 ff.) haben wir diese von uns aufgedeckte Tektonik unter dem Titel des "dualen Stilprinzips" als Parallelität im großen aufgefaßt.
In der kunstvollen Verflechtung von Zeit- und Ortsebenen erkennen wir ein weiteres, oben (S. 91/92 und S. 144/145) mehrmals hervorgehobenes wichtiges Stilprinzip dieses Liedes. Auffallend ist dabei, daß das historische Geschehen, der Einzug in Jerusalem und ebenso der Grund für das erste Kommen Jesu mit seiner Geburt auch in der grammatischen Form des Präsens gestaltet werden, z. B. in "streut", vor allem aber im wiederholten "Du kommst". Letzteres scheint mir bewußt gewählt, weil nämlich dann damit die zwei, ja mit der Wiederkunft Jesu die drei von uns definierten zeitlichen Ebenen anklingen: Die vergangene mit Jesu erstem Kommen, die gegenwärtige, womit die Bedeutung für den Sänger und jeden, der diese Strophen nachvollzieht, berührt wird, und die eschatologische mit dem Kommen Jesu zum Weltgericht.
Es ist meiner Meinung nach unmöglich, die drei so zusammenfließenden Zeitebenen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft voneinander zu unterscheiden. Weiter sind für die historische Ebene ja auch sowohl der Palmsonntag als auch Weihnachten in diesem Kommen enthalten, denn selbst wenn mit dem Bibelzitat von Matth. 21, 8 ausdrücklich auf das Geschehen in Jerusalem hingewiesen wird, so trägt das Lied auch den Titel "Advents-Gesang". Advent bereitet einerseits auf die Feier der historischen Geburt vor, und andererseits bedeutet dies für den Gläubigen gleichzeitig auch der Vorbereitung auf Jesu zweites Kommen.
In all dem fällt meiner Meinung nach das "Schon jetzt" mit dem "Noch nicht" zusammen, ein für das Kirchenlied typischer Zug (siehe dazu a. o., S. 69
und S. 88).
Mit dem Zeitwechsel geht auch ein Ortswechsel einher, was wieder einen Wechsel in bezug auf die jeweils vom Geschehen betroffenen Personen nach sich zieht. Letzteres beginnt mit der Beschränkung auf die Einzelperson, das "Ich", samt seinem Standort (1. Str., V. 1) und weitet sich dann mit "aller Welt Verlangen" (1. Str., V. 3) auf die globale Ebene aus. Im Rest der Strophe (V. 4-8) beobachten wir eine erneute Konzentration auf die "Ich-Person", die aber schon in Strophe 2 mit dem Ausdruck "Dein Zion", also Gottes Volk, die historischen Personen von Jerusalem umfaßt. Im an diesen Vers anschließenden Parallelismus membrorum erfolgt wieder eine Verengung auf das "Ich", was später durch die Bezeichnung "alle Welt" in Strophe 5 nochmals erweitert wird.
Wie wir oben darzulegen versucht haben, richtet sich die zweite Hälfte des Liedes schließlich fast ausnahmslos an ein "Ihr". Dies kommt einer Ausweitung des Gesagten auf die Gemeinde gleich. Das "Komm!" in der letzten Strophe kann wohl als einzelner Ausruf des Ich oder der Gesamtheit der Zuhörer aufgefaßt werden. Auch die Möglichkeit, daß alle einstimmig nach Jesus rufen, sollte offengelassen werden, denn wir hören darin sowohl den Anklang an Off. 22, 17 als auch 20. Es handelt sich hier einerseits um den Ausruf der Braut zusammen mit dem Geist, und somit ist es wohl ein kollektiver Ausruf der Gemeinde, andererseits soll aber auch jeder, der "dies hört", "Komm!" rufen (Off. 22, 17). - Gerade diese Vieldeutigkeit möchte ich hier betonen in dem Sinne, daß der einzelne ruft, aber auch das Kollektiv der Gemeinde. So geht die Stimme des Individuums nicht darin unter.
siehe auch weiteres unter:
Fundstelle
Viele Grüße
Josef
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(Antwort) fertig | Datum: | 13:07 Sa 05.08.2006 | Autor: | Josef |
Hallo,
Nr. 35: "Wach auf, mein Herz, und singe!"
Dieses Lied zeigt im Vergleich zu Nr. 1 nicht dieselbe Vielfalt der Interaktionen auf, sondern es ist in dieser Beziehung anders und einfacher gestaltet. Im Gegensatz zum direkten Gottesbezug von Lied Nr. 1 schon in der ersten Strophe spricht dieses Lied zunächst von Gott in der 3. Person, dies aber sehr nachdrücklich aufgrund der Parallelstellung der drei Prädikationen: V. 2, 3, und 4: "dem Schöpfer", "dem Geber", "dem frommen Menschenhüter" (siehe a. o., S. 118 ff.). Str. 2 nimmt dieses Sprechen von Gott in der 3. Person Sg. wieder
auf, und erst in der 3. Str. folgt der direkte Anruf, intensiviert und besonders hervorgehoben durch das ihm vorangestellte Ja in "Ja, Vater". Jetzt wird für den Rest des Liedes diese Sprechhaltung des Gebets im Sinne von Sprechen mit Gott beibehalten, wobei wir uns daran erinnern, daß sie in den letzten Strophen die des Bittens annimmt.
Viele Grüße
Josef
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(Frage) beantwortet | Datum: | 11:21 So 06.08.2006 | Autor: | Rgber82 |
Vielen vielen Dank...
des hilft mir etz scho mal ziemlich weiter...
mal sehen , vielleicht find ich ja noch ein anderes lied...
Also noch mal Danke danke!
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(Antwort) fertig | Datum: | 14:08 Mo 07.08.2006 | Autor: | Josef |
Hallo,
Nr. 40: "Geh aus, mein Herz, und suche Freud"
In diesem Lied tritt Gott sozusagen noch verdeckter auf, indem er zunächst nur indirekt als Schöpfer aller Schönheit und Schenker aller Gaben erwähnt wird. Er wird aber so gleich von Anfang an mitbedacht, was die allegorische Rezeption mit ermöglicht.
In der ersten Hälfte ist es, wie wenn das zum Ausgehen, zum Freude Suchen und zum Sehen aufgeforderte Ich uns zu einem Spaziergang an der Hand nimmt, um uns ein lebendiges, buntes Bild der wiedererwachten, allseits von Leben, Gesang und Freude durchdrungenen Natur mit ihren Menschen und Tieren in der 3. Person vor Augen zu führen. Allerdings gehe es hier nicht um das Aneinanderreihen von Details, sondern wir hätten es hier mit einer barocken, mehrere Strophen in Anspruch nehmende "Häufung" im Dienste der "insistierenden Nennung" zu tun (Szyrocki, S. 171).
Genau in der Mitte des Liedes, in der 8. Strophe, an der "Gelenkstelle"(Weber, S. 41) - Hillenbrand nennt sie neben der 1. Strophe eine der "Scharnierstellen" des Liedes (Hillenbrand, S. 105) -, besinnt sich der Sänger auf Gott und preist ihn sozusagen aus der Tiefe seines Herzens. Die 7. Strophe bereitet meiner Meinung nach diesen spontanen Jubel vor. Hier wird Gott, indem das in den vorangehenden Strophen Vermittelte zusammengefaßt wird, mit "der so überflüssig labt", prädiziert. Die sinnlichen Reize in Form von optischen und akustischen Wahrnehmungen fließen im Ausdruck "erweckt mir alle Sinnen" gleichsam zusammen: Das Grün der Bäume, die Farbenpracht der Blumen, das Wachstum allgemein, der Wohlklang des Gesangs von Lerche und Nachtigall, das "Lustgeschrei" von sowohl Schafen als auch Hirten, das Rauschen der Bächlein, das Summen der Bienen - all dies und das Sichbesinnen auf den Urheber dieser Fülle bewegen das Ich zu diesem Lob, das es zunächst aus aller Mund vernommen hat: "Darüber jauchzet jung und alt".
So kann sich das Ich, der Beobachter, selbst auch nicht still verhalten und stimmt mit in das allgemeine Lob ein: "Ich selber kann und mag nicht ruhn". Diese verbale Zwillingsformel drückt wohl einerseits in der verneinten Verbform "kann" aus, daß Gottes Güte und das Lob, das er hört, ihn ebenfalls zum Preisen bewegen, weil er unmittelbar so stark davon berührt wird. Gleichzeitig will er es auch selbst, um Gott zu ehren und ihm dadurch seine Dankbarkeit zu erzeigen. (Weiteres zur Ausdrucksweise vgl. S. 138.)
Es dreht sich hier in diesem glücklichen, begnadeten Augenblick - einer Klimax des irdischen Lebens - um ein einhelliges Preisen: "Ich singe mit, wenn alles singt". Das Lob gilt Gott, dem Zentrum der Anbetung, was seine vollkommene Entsprechung im "Mit eingestimmtem Mund und Stimm" des himmlischen Chores in Str. 10 hat. Auf das Wirken und die Bedeutung des Heiligen Geistes bei diesem spontanen Lob haben wir schon oben (S. 68) aufmerksam gemacht, auch haben wir (S. 72) auf die Wichtigkeit des einstimmigen Preisens hingewiesen, weil dann Gott besonders stark eingreifen und seine Herrlichkeit offenbaren kann. Dies scheint sich mir hier durch die Gewährung eines Blicks auf das himmlische Geschehen zu ereignen, auch wenn wir uns dabei dessen bewußt sind, daß Gerhardt dies in Form von Wünschen und Vermutungen gestaltet, z. B.: "Ach, denk ich" (Str. 9, V. 1), "wohl" (Str. 10, V. 2) oder "wär" und "trüge" (Str. 11, V. 1 u. 3).
Dieses Lied ändert mit Strophe 9 die Sprechrichtung, indem es sich jetzt direkt an Jesus Christus wendet. Analog zu den Naturbeschreibungen der ersten Liedhälfte reflektiert er als Beobachter die himmlische Welt teils auch in der 3. Person. Diese Sprechart wird schließlich, nachdem Gott in Str. 11 V. 2 mit "süßer Gott" direkt angeredet worden ist und der Sänger sich mit guten Vorsätzen selbst ermuntert hat, wie in Nr. 35 durch das Gebet im Sinne von Bitten abgelöst.
Viele Grüße,
Josef
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(Antwort) fertig | Datum: | 14:10 Mo 07.08.2006 | Autor: | Josef |
Hallo,
Nr. 81: "Schwing dich auf zu deinem Gott"
Dieses Lied wiederum zeigt dynamisch schon mit seinem Anfangsvers "Schwing dich auf zu deinem Gott" sowohl die Richtung der Bewegung auf Gott zu als auch das Ziel der Verehrung an. Interessant ist es hier zu beobachten, daß durch das ganze Lied hindurch Gott aber nie direkt angeredet wird, sondern es wird immer nur in der 3. Person Sg. von ihm gesprochen. Dadurch unterscheidet sich das Lied in den Sprechrichtungen klar von den anderen, wo Gott überall irgendwann direkt als "Du" angeredet und dem Sänger gegenübergestellt wird.
Außerdem ist dieses Lied in bezug auf die Interaktionen sonst noch interessant und auch in diesem Punkt von den übrigen unterschieden, denn von Anfang an sieht sich der Gläubige zwischen Gott und den Teufel gestellt: Der Satan wird schon in der ersten Strophe, wiederum wie Gott, in der 3. Person Sg. eingeführt und gleich mit "Satans List" und "durch sein Kämpfen" als Widersacher des Gläubigen erkannt und tituliert.
In Strophe 1 sehen wir die Sprechart der Selbstaufforderung und des Selbstgesprächs des Sängers entfaltet, während dann in den zwei nächsten Strophen - das Ich hat sich in Str. 2, V.1 nochmals selbst mit "Schüttle deinen Kopf und sprich" zum Kampf ermannt - der Sänger sich im Glaubenskampf direkt an den Satan wendet und mit Hilfe von Befehlen und rhetorischen Fragen samt feststehenden göttlichen Wahrheiten in der grammatischen Form von Aussagesätzen diesen in seine Schranken weist.
Die Strophen 4-5 könnten wir als Selbstgespräch auffassen, wobei der Gläubige durch das Reflektieren von Gottes Wahrheiten im Glauben gestärkt wird und dann in Strophe 6 sich wieder direkt, mit erneuter Kraft, an den Feind wenden kann. Diesmal werden "Stürme" und auch der "Tod" verstärkend mitbenannt. Damit scheinen die dunklen Mächte zum Schweigen gebracht.
Mit Strophe 7 nimmt die Sprechrichtung erneut eine Wende, und diesmal konfrontiert der Glaubende die Ungläubigen, die mit "tolle Welt" und damit gleich als nicht verläßlich charakterisiert werden. Eine solche Adresse ist für unsere fünf Lieder einmalig, aber es handelt sich ja in Nr. 81 um eine Art Kampflied.
Ab der 8. Strophe ist der Ton des Liedes weitgehend beruhigt. In Wendungen, die die Innigkeit und Tiefe der Gottesbeziehung spiegeln, werden Gottes Natur und die Kindschaft des Gläubigen vielfach meditiert (siehe a. o., S. 134). Nur noch die letzte Strophe kann davon zeugen, daß es sich um einen recht erbitterten Glaubenskampf handelte.
Viele Grüße
Josef
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(Antwort) fertig | Datum: | 14:13 Mo 07.08.2006 | Autor: | Josef |
Hallo,
Nr. 101: "Ich singe dir mit Herz und Mund"
Dieses Lied schließlich nennt, gleich nachdem das singende Ich präsentiert ist, das Objekt der Verehrung :"dir". Dieses Gegenüber wird dann im folgenden Vers einerseits mit dem ehrerbietigen "Herr" und der durch ein Genitivattribut erweiterten Substantivprädikation "meines Herzens Lust", das die Freude in der Gottesbeziehung ausdrückt, tituliert.
Oben (S. 141/142) haben wir auf den missionarischen Zug dieses Lieds gleich von Anfang an aufmerksam gemacht. Dieser wird unserer Meinung nach in den ersten zwei Dritteln des Liedes durchgehalten, wobei das "Wir" von uns auch so aufgefaßt wird, daß es sich um ein Singen mit mehreren Gläubigen handelt gemäß Eph. 5, 19 oder Kol. 3, 16 (siehe o., z. B. S. 68/69). Der Wechsel vom "Ich" zum "Wir" hat sich für den Leser fast unmerklich vollzogen.
Das letzte Drittel verändert die Sprechrichtung wieder. Hier handelt es sich um Selbstaufmunterung und Selbstreflexion, wenn wir bereit sind, das "Du" als identisch mit dem "Ich" zu betrachten (siehe dazu Hillenbrand, S. 32).
Der Schluß der Lieder enthält in einigen Fällen eine letzte Aufmunterung, wie schon oben (S. 109) erwähnt, z. B. in Nr. 81 und Nr. 101. Was wohl für alle letzten Strophen zutrifft, ist entweder eine Akzentuierung, eine Wiederaufnahme oder eine Konklusion des im Lied angeschlagenen Themas, indem das darin Entfaltete gleichsam nochmals unterstrichen oder zusammengefaßt wird. Dabei wird der Blick noch auf die entscheidende Ewigkeitsperspektive ausgeweitet.
Mit Ausnahme von Nr. 81 und Nr. 101 könnten wir auch behaupten, daß sie alle im Gebetston im eigentlichen Sinn von Bitten enden. Diese beiden Lieder aber enthalten in der letzten Strophe eine Aufforderung an ein "Du", was entweder - wir haben eben darauf hingewiesen - als der Sänger selbst aufgefaßt werden kann (Selbstanrede) oder an einen anderen Gläubigen gerichtet ist. Nr. 81 mündet in eine Aufforderung zur Doxologie aus und bürgt mit dem "Amen"93 für ein Eingreifen Gottes. Nr. 81 schließt mit einem Versprechen auf Zukünftiges und Ewiges ab, falls man Gott gewähren läßt.
Viele Grüße
Josef
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 18:59 Mo 07.08.2006 | Autor: | Rgber82 |
Ahhhh, Josef, du bist der Beste...
das hat mir wahnsinnig weitergeholfen, da kann ich jetzt schon was ansprechendes drum rum basteln!!
Vielen vielen Dank auch...
Viele Grüße
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