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L-Integrale: Frage (beantwortet)
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 18:11 Di 24.08.2004
Autor: basti23

Ich habe diese Frage in keinem weiteren Forum gestellt.
Tag Zusammen!
Hab Probeleme mit den folgenden Sachen:
1.  [mm] \integral_{\IR}^{} x P_X\, (dx) [/mm]
   Wie integriere ich hier, ist folgende Version richtig:
   Bilde [mm] x \in \IR [/mm] mit [mm] P_X[/mm], also meiner Verteilung ab, habe Wkt., mal x nehmen und integrieren. Integration geht dann über die y-Achse.
2. [mm] \integral_{\IR}^{} x\ dF_X\ (x) [/mm]
   Selbes Problem wie oben. Habe LEBESGUE-STIELTJES-Integral in Bronstein nachgeschlagen. Definiert ähnlich RIEMANNschen nur das die Stützstellen mit beliebigen [mm] g(x) [/mm] abgebildet werden. Grafische Vorstellungen wären dann entweder ist Wertebereich von [mm] g(x)[/mm] auf der x-Achse, dann normale Integration, oder auf der y-Achse, dann würde ich wieder über die y-Achse intgrieren..
3. Folgender Schritt in einem Beweis:
   [mm] \integral_{0}^{\infty} P(X>y) d(y) =\integral_{0}^{\infty} (1 - F_X(y)) d(y)[/mm]
   Eine Darstellung vom Erwartunswert. Welche "Fläche" integrier ich hier?
4. Ich geb zu, ich hab so meine Probleme mit dem integrieren;)
Danke euch allen.

        
Bezug
L-Integrale: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 15:21 Mi 25.08.2004
Autor: Gnometech

Grüße!

Also, Integrale sind ein weites Feld, ich werde einfach mal versuchen, etwas allgemein etwas zu erzählen - vielleicht werden die Dinge ja dann klar.

Zunächst mal - die Definition des Riemann-Integrals ist einigermaßen klar? Man möchte eine Funktion $f: [mm] \IR \to \IR$ [/mm] zum Beispiel auf einem abgeschlossenen Intervall $[a,b]$ integrieren, also man möchte [mm] $\int_a^b [/mm] f(x) dx$ definieren. Dazu unterteilt man dieses Intervall und nimmt dann geeignete Unter- und Obersummen. Danach bildet man den Grenzwert, indem man die Unterteilung immer feiner werden läßt. Wenn beides (Unter- und Obersumme) gegen den gleichen Wert konvergiert, dann nennt man diesen Wert das Integral über $f$ und tauft das $f$ "Riemann-integrierbar".

Die Idee von Lebesque ist eine andere. Sie geht davon aus, dass man zunächst ein Maß gegeben hat. Was das ist, ist eine ziemlich komplizierte Geschichte, weil nicht im allgemeinen nicht jeder Menge ein Maß zugewiesen werden kann, man muß also eine recht komplizierte Konstruktion machen, aber das schenke ich mir jetzt mal.

Nehmen wir also an, ich habe einen Maßraum [mm] $(\Omega, \mathcal{A}, \mu)$, [/mm] wobei das Map [mm] $\mu$ [/mm] für alle Mengen in dem System [mm] $\mathcal{A} \subseteq \mathcal{P}(\Omega)$ [/mm] erklärt ist. Wenn ich dann für positive reelle Werte [mm] $\alpha_1, \ldots, \alpha_n$ [/mm] folgende Funktion betrachte:

$f: [mm] \Omega \to \IR$ [/mm] gegeben durch [mm] $f(\omega) [/mm] = [mm] \sum_{k=1}^n \alpha_k 1_{A_k}(\omega)$ [/mm] für irgendwelche [mm] $A_1, \ldots A_n \in \mathcal{A}$ [/mm]  (wobei [mm] $1_{A}$ [/mm] die Indikatorfunktion bezeichnet), dann kann ich das Integral von $f$ bezüglich des Maßes erklären:

[mm] $\int [/mm] f [mm] d\mu [/mm] := [mm] \sum_{k=1}^n \alpha_k \mu(A_k)$. [/mm]

Ein solches $f$ heißt Elemtarfunktion oder auch Treppenfunktion.

Der Clou ist jetzt, dass ich beliebige meßbare positive Funktionen $f$ von unten durch solche Treppenfunktionen annähern kann, indem ich den Bildbereich von $f$ unterteile (hier der Hauptunterschied: ich unterteile nicht den Definitionsbereich, der ja hier ein beliebiges [mm] $\Omega$ [/mm] ist, sondern den Bildbereich) und jeweils das Urbild von kleinen Intervallstückchen nehme. So erhält man Treppenfunktionen, die gegen das $f$ aufsteigen und man erklärt das Integral von $f$ bzgl. des Maßes [mm] $\mu$ [/mm] nun als Limes der Integrale der Treppenfunktionen.

Nun endlich zu Deinen Fragen: Wenn Du im ersten Fall [mm] $P_X$ [/mm] da stehen hast, dann bezeichnet dies das sogenannte Bildmaß unter einer Zufallsvariable. Im Klartext: man hat einen Wahrscheinlichkeitsraum (also einen normierten Maßraum) [mm] $(\Omega, \mathcal{A}, [/mm] P)$ gegeben und eine meßbare Abbildung $X : [mm] \Omega \to \IR$ [/mm] (so ein Ding heißt Zufallsvariable). Diese Abbildung induziert nun ein Maß auf [mm] $\IR$ [/mm] selbst bezüglich der von den offenen Mengen erzeugten [mm] $\sigma$-Algebra! [/mm] Da das $X$ meßbar ist, sind Urbilder meßbarer Mengen wieder meßbar und man kann jetzt für eine meßbare Menge $A [mm] \subseteq \IR$ [/mm] das Maß folgendermaßen erklären:

[mm] $P_X(A) [/mm] := [mm] P(X^{-1}(A))$. [/mm]

In Worten: ich nehme das Urbild von $A$ unter $X$ und lande in [mm] $\Omega$. [/mm] Nach Voraussetzung an mein $X$ ist dieses Urbild meßbar, also kann ich das Maß (bzw. die Wahrscheinlichkeit) davon betrachten.

Ich habe mir also ein Maß auf [mm] $\IR$ [/mm] verschafft. Und bzgl. diesem integriere ich nun Funktionen $f: [mm] \IR \to \IR$ [/mm] wie oben erklärt. Die Integration geht also schon über die x-Achse (über ganz [mm] $\IR$), [/mm] aber die Gewichtung, die zugrunde liegt ist die von der Zufallsvariable induzierte.

So, ich hoffe, das bringt etwas Klarheit in die Sache... ich weiß ja auch nicht, welche Vorkenntnisse Du im Bereich der Maßtheorie hast, aber ohne kann man eigentlich das Lebesque-Integral nicht vernünftig einführen oder überhaupt verstehen.

Lars

Bezug
        
Bezug
L-Integrale: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 22:50 Mi 25.08.2004
Autor: Stefan

Hallo Basti!

>  1.  [mm]\integral_{\IR}^{} x P_X\, (dx)[/mm]
>     Wie integriere
> ich hier, ist folgende Version richtig:
> Bilde [mm]x \in \IR[/mm] mit [mm]P_X[/mm], also meiner Verteilung ab, habe
> Wkt., mal x nehmen und integrieren. Integration geht dann
> über die y-Achse.

Das hat dir ja Lars schon schön erklärt. Deiner Intuition kann ich hier nicht folgen (aber ich stelle mir das eh nie anschaulich vor, von daher mag es auch an meiner fehlenden Vorstellungskraft liegen).

>  2. [mm]\integral_{\IR}^{} x\ dF_X\ (x)[/mm]
>     Selbes Problem
> wie oben.

Dies ist nur eine andere Schreibweise für 1, und das Lebesgue-Stieltjes-Integral (2) wird in der Regel über 1 definiert (das ist dann im Bronstein etwas seltsam). Man kann es aber auch, wie von dir beschrieben, als Riemann-Stieltjes-Integral auffassen und durch Riemann-Stieltjes-Summen approximieren. (Bei stetigen Integranden stimmen das LS-Integral und das RS-Integral für verallgemeinerte Verteilungsfunktionen als Integratoren überein. Die graphische Vorstellung kann ich wieder nicht nachvollziehen (die ist aber auch irrelevant).)


>  3. Folgender Schritt in einem Beweis:

>     [mm]\integral_{0}^{\infty} P(X>y) d(y) =\integral_{0}^{\infty} (1 - F_X(y)) d(y)[/mm]
>  
>    Eine Darstellung vom Erwartunswert. Welche "Fläche"
> integrier ich hier?

Die Fläche über dem Graphen der Funktion [mm] $F_X$, [/mm] die von der Geraden $y=1$ und der $y$-Achse begrenzt wird.

Liebe Grüße
Stefan


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