Logarithmus komplexer Zahlen < komplex < Analysis < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) für Interessierte | Datum: | 21:32 Mo 23.05.2005 | Autor: | Paulus |
Liebe Mathefreunde
Diese Antwort:
https://matheraum.de/read?i=69301
hat mich etwas stutzig gemacht, weil sie sich nicht ganz mit dem deckt, was ich in früheren Zeiten einmal gelernt habe. Ich frage mich nun, ob die Mathematik seit meiner Zeit (70-er Jahre) so enorme Fortschritte gemacht hat, dass ich mich wohl eher zur Ruhe setzen sollte, oder ob sich die Mathematiker in gewissen Dingen auch heute noch nicht so ganz einig sind, so dass wieder Zustände wie zu Pythagoras' Zeiten ausbrechen werden!
Eine Nachfrage per PN beim Autor des oben verlinkten Textes hat mich nicht wirklich weiter gebracht (Stefan möge mir diese harte Formulierung verzeihen), jetzt steht praktisch Behauptung gegen Behauptung.
Ich will das darum in ein öffentliches Forum stellen. Es ist aber nicht als normale Frage gedacht, sondern eher als Diskussionsgrundlage. Ich hoffe, dass möglichst viele von euch einen Beitrag beisteuern können. Vielleicht erhalten wir sogar eine Liste von Literatur, wo es auf die eine und auf die andere Art interpretiert wird.
Der Unterschied zwischen Stefans und meiner Auffassung liegt eigentlich nur in der Definition des hauptwertes des Logarithmus. Nach meiner Definition liegt der Imaginärteil des Hauptwertes hier: [mm] $-\pi [/mm] < y [mm] \le \pi$, [/mm] nach Stefans Unterlagen aber offenbar hier: [mm] $-\pi [/mm] < y < [mm] \pi$
[/mm]
Mein Wissen bezog und beziehe ich hauptsächlich aus:
Rühs: Funktionentheorie; VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1971
Ich will einfach einmal zwei Kapitel daraus abtippen.
Das 1. Kapitel stammt aus der Einführung in die komplexwertigen Funktionen, das 2. Kapitel dann aus der Beschreibung der Analytischen Funktionen.
Ich zitiere jetzt einfach nur Rühs:
Auszug aus dem 1. Kapitel: Exponentialfunktion und Logarithmus
Die reellen Funktionen [mm] $e^x \cos [/mm] y$ und [mm] $e^x \sin [/mm] y$ sind für alle reellen Werte $x_$ und $y_$ erklärt. Wir wollen sie als Real- und Imaginärteil einer komplexwertigen Funktion [mm] $e^z$ [/mm] ansehen, definieren also:
[mm] $e^z [/mm] = [mm] e^{x+iy} [/mm] = [mm] e^x [/mm] * [mm] e^{iy} [/mm] = [mm] e^x [/mm] * [mm] (\cos [/mm] y + [mm] i\sin [/mm] y)$. (1)
Die Funktion [mm] $e^z$ [/mm] ist somit in der ganzen z-Ebene erklärt und genügt der Funktionalgleichung
[mm] $e^{z_1}*e^{z_2}=e^{z_1+z_2}$,
[/mm]
denn es ist
[mm] $e^{z_1}*e^{z_2}=e^{x_1}(\cos y_1 [/mm] + [mm] i\sin y_1) [/mm] * [mm] e^{x_2}(\cos y_2 [/mm] + [mm] i\sin y_2)$
[/mm]
$= [mm] e^{x_1+x_2}(\cos (y_1+y_2) [/mm] + [mm] i\sin (y_1+y_2))$
[/mm]
Da [mm] $e^z$ [/mm] für [mm] $\Im [/mm] (z) = y = 0$ gleich der reellen Exponentialfunktion [mm] $e^x$ [/mm] wird, kann [mm] $e^z$ [/mm] als eine Fortsetzung von [mm] $e^x$ [/mm] ins Komplexe angesehen werden. Insbesondere erhält man für $x=0$
[mm] $e^{iy} [/mm] = [mm] \cos [/mm] y + [mm] i\sin [/mm] y$,
die uns schon bekannte Eulersche Formel als Spezialfall unserer diesmal weiterreichenden Definition.
Die trigonometrischen Funktionen in der Klammer von (1) haben die Periode [mm] $2\pi$, [/mm] daher ist für $k [mm] \in \IZ$
[/mm]
[mm] $e^{z+2k\pi i} [/mm] = [mm] e^{x+i(y+2k\pi)} [/mm] = [mm] e^x [/mm] * [mm] (\cos (y+2k\pi) [/mm] + [mm] i\sin (y+2k\pi))$
[/mm]
$= [mm] e^x [/mm] * [mm] (\cos [/mm] y + [mm] i\sin [/mm] y) = [mm] e^z$.
[/mm]
Die Exponentialfunktion [mm] $e^z$ [/mm] besitzt die rein imaginäre Periode [mm] $\2pi [/mm] i$.
Dies hat eine bemerkenswerte Konsequenz für die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion, den (natürlichen) Logarithmus. Ist $z = [mm] |z|e^{i \arg(z)} [/mm] = [mm] re^{i\varphi}$, [/mm] so ist offenbar zu definieren:
[mm] $\log [/mm] z = [mm] \ln [/mm] |z| + i [mm] \arg [/mm] z = [mm] \ln [/mm] r + i [mm] \varphi$
[/mm]
(Dabei bezeichnen wir den mehrdeutigen Logarithmus einer komplexen Zahl mit log, den eindeutigen Logarithmus einer reellen Zahl mit ln.)
damit umgekehrt
$z = [mm] e^{\log z} [/mm] = [mm] e^{\ln r + i\varphi} [/mm] = [mm] e^{\ln r}*e^{i\varphi} [/mm] = r [mm] e^{i\varphi}$
[/mm]
ist. Da nun aber $z = |z| [mm] e^{i\varphi} [/mm] = [mm] e^{i(\varphi+2k\pi)} [/mm] gilt, ist auch
[mm] $\log [/mm] z = [mm] \ln [/mm] |z| + [mm] i(\arg [/mm] z + [mm] 2k\pi), \, [/mm] k [mm] \in \IZ$
[/mm]
Der komplexe Logarithmus besitzt unendlich viele verschiedene Werte, die sich alle um ein Vielfaches von [mm] $2\pi [/mm] i$ unterscheiden.
Im Komplexen ist der Logarithmus eine mehrdeutige Funktion. Man kann ihn eindeutig machen, indem man ihren Wertevorrat etwa durch die Bedingung
[mm] $-\pi [/mm] < [mm] \Im [/mm] (z) [mm] \le \pi$
[/mm]
einschränkt. Die so festgelegte Funktion heisst der Hauptwert von [mm] $\log [/mm] z$.
Beispiele: Aus $-1 = [mm] 1*e^{\pi i}$ [/mm] folgt
[mm] $\log(-1) [/mm] = [mm] \ln(1) [/mm] + [mm] i(\pi [/mm] + [mm] 2k\pi) [/mm] = [mm] (2k+1)\pi [/mm] i$:
der Hauptwert ist [mm] $\log(-1) [/mm] = [mm] \pi [/mm] i$.
Ebenso findet man
[mm] $\log(i)=(2k+\bruch{1}{2})\pi [/mm] i; [mm] \, \log(-i)=(2k-\bruch{1}{2})\pi [/mm] i$.
Auszug aus dem 2. Kapitel: Der Logarithmus, die trigonometrischen Funktionen und die allgemeine Potenz
In Polarkoordinaten $z = [mm] r*e^{i\varphi}$ [/mm] ist nach dem vorherigen Kapitel
$w = u+iv = [mm] \log [/mm] z = [mm] \ln [/mm] r + [mm] i(\varphi [/mm] + [mm] 2k\pi), [/mm] k [mm] \in \IZ$
[/mm]
eine unendlich vieldeutige Funktion; erst jeder einzelne Zweig des Logarithmus, charakterisiert durch
[mm] $(2k-1)\pi [/mm] < [mm] \varphi \le (2k+1)\pi$,
[/mm]
ist eine eindeutige Funktion. Der Hauptwert des Logarithmus bildet die volle $z_$-Ebene auf den Streifen [mm] $-\infty [/mm] < [mm] \ln [/mm] r < [mm] \infty, \, -\pi [/mm] < [mm] v=\varphi \le \pi$ [/mm] der $w_$-Ebene ab; einem Kreis $r = konst$ entspricht dabei in der $w_$-Ebene die Strecke $u = [mm] \ln [/mm] r = konst, [mm] \, -\pi [/mm] < [mm] v=\varphi \le \pi$.
[/mm]
Dem Einheitskreis entspricht das Stück von [mm] $-\pi$ [/mm] bis [mm] $\pi$ [/mm] der imaginären Achse, und ein aufgeschnittener Kreisring der $z_$-Ebene wird konform in ein Rechteck der $w_$-Ebene Abgebildet.
Wie der Hauptwert bildet jeder Zweig des Logarithmus die ganze $z_$-Ebene auf einen horizontalen Streifen der $w_$-Ebene der Breite [mm] $2\pi$ [/mm] ab. Die einzelnen Zweige des Logarithmus, geordnet nach ihrem Wertevorrat [mm] $-\infty [/mm] < u < [mm] \infty, \, (2k-1)\pi [/mm] < [mm] \varphi \le (2k+1)\pi$, [/mm] liegen in der $w_$-Ebene nebeneinander und bedecken sie lückenlos. Die Abbildung der $z_$- auf die $w_$-Ebene ist daher unendlich vieldeutig. Jedem Punkt [mm] $z_0$ [/mm] der $z_$-Ebene entsprechen unendlich viele Punkte der $w_$-Ebene, die auf der Parallelen $u = [mm] \ln |z_0|$ [/mm] zur imaginären Achse liegen und den gegenseitigen Abstand [mm] $2\pi$ [/mm] voneinander haben, entsprechend der Tatsache, dass die Umkehrfunktion des Logarithmus, die Exponentialfunktion, die Periode [mm] $2\pi [/mm] i$ besitzt.
Will man wieder umkehrbare Eindeutigkeit der Abbildung erzielen, muss man zur Riemannschen Fläche des Logarithmus übergehen. Für jeden der unendlich vielen Streifen der $w_$-Ebene nehmen wir ein Exemplar der $z_$-Ebene, legen alle Exemplare kongruent übereinander und schneiden sie alle der negativen reellen Achse vom Ursprung nach dem unendlich fernen Punkt auf. Wir lassen nun in der $w_$-Ebene einen Punkt eine Parallele $u = konst$ zur imaginären Achse durchlaufen und verfolgen seinen Weg in der $z_$-Ebene. Beginnen wir in einem beliebigen Punkt $u+iv$ und lassen $v$ wachsen, dann beschreibt der zugehörige Bildpunkt in der $z_$-Ebene einen Kreis um den Ursprung mit dem Radius [mm] $|z|=e^u$. [/mm] Beim Wandern gelangt so der Punkt in der $w_$-Ebene an den Stellen $v = [mm] (2k+1)\pi$ [/mm] stetig von einem Streifen in den anderen, der zugehörige Bildpunkt der $z_$-Ebene muss daher bei den Werten [mm] $\arg [/mm] z = [mm] (2k+1)\pi$, [/mm] das heisst beim Überschreiten der negativen reellen Achse, stetig von einem Exemplar der $z_$-Ebene ins nächste übergehen. Da mit wachsendem $v_$ die Kreise der $z_$-Ebene positiv durchlaufen werden, ist also längs der nagativ reellen Achse stets das obere Ufer eines Blattes der $z_$-Ebene mit dem unteren Ufer des nächsten Blattes, das untere Ufer des erstgenannten Blattes mit dem oberen Ufer des vorangehenden Blattes zusammenzuheften. Im Punkt $z=0$ hängen somit unendlich viele Blätter zusammen, welche sich um diesen Punkt wendeltreppenartig herumwinden. daher heisst $z=0$ ein Windungs- oder Verzweigungspunkt unendlich hoher Ordnung oder ein logarithmischer Windungspunkt. Entsprechendes gilt vom Punkt [mm] $z=\infty$. [/mm] Diese Riemannsche Fläche ist jetzt umkehrbar eindeutig auf die $w_$-Ebene abgebildet.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 08:16 Di 24.05.2005 | Autor: | Stefan |
Lieber Paul!
Ich habe meine private Bibliothek konsultiert. Ich besitze etwa 80 Funktionentheoriebücher (was einen großen Anteil meiner 700 Mathebücher ausmacht), sehr alte und sehr moderne. In 20 davon wird der Hauptzweig gar nicht definiert. Von den übrigen 60 wird in ca. 50 Büchern der Hauptzweig so definiert wie von mir angegeben, auch in sehr klassischen Funktionentheoriebüchern. Wenn du willst, kann ich dir die Seiten auch alle einscannen.
Sinnvoller ist es aus meiner Sicht natürlich (und so scheinen alle modernen Autoren zu denken) die negative reelle Achse rauszunehmen, weil dann der Hauptzweig eben holomorph ist. Will man den Logarithmus von negativen reellen Zahlen berechnen, dann klappt man den Spalt eben um und betrachtet den ersten Nebenzweig. Das Betrachten von offenen Mengen erleichtert zudem topologisch den Verklebevorgang zu einer Riemannschen Fläche.
Nur, ich denke mal eine weitere Diskussion bringt nichts, weil es ein reines Definitionsproblem und kein mathematisches Problem ist. Und damit möchten wir doch ungern unsere Zeit verschwenden, oder? Mit "mathematischer Weiterentwicklung" hat das nichts zu tun, weil meine Sichtweise schon Autoren Anfang des 20. Jahrhunderts vertreten haben, wo die Funktionentheorie ihre Entwicklung begann.
Beispiel (aus dem Standardwerk Fischer/Lieb):
Auf [mm] $\IC^{\*} \setminus \IR_-$ [/mm] ist der durch [mm] $\mbox{Log} [/mm] z = [mm] \int\limits_{[1,z]} \frac{d \zeta}{\zeta}$ [/mm] definierte Zweig des Logarithmus ausgezeichnet, denn seine Beschränkung auf die positive reelle Achse ist offenbar gerade die Logarithmusfunktion der reellen Anaysis. Man nennt den dadurch gegebenen Zweig oft Hauptzweig (oder Hauptwert) und bezeichnet ihn wie hier mit Log.
Liebe Grüße
Stefan
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 09:11 Di 24.05.2005 | Autor: | Paulus |
Lieber Stefan
erstmal vielen Dank für deine Antwort und die vermutlich recht zeitintensive Recherche-Arbeit!
Da scheint es tatsächlich zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen zu geben!
> klassischen Funktionentheoriebüchern. Wenn du willst, kann
> ich dir die Seiten auch alle einscannen.
>
Das ist nicht nötig, danke aber für das Angebot.
> Nur, ich denke mal eine weitere Diskussion bringt nichts,
> weil es ein reines Definitionsproblem und kein
> mathematisches Problem ist. Und damit möchten wir doch
> ungern unsere Zeit verschwenden, oder?
An sich nicht, aber: die Definitionen sind doch eminent wichtig! Nur so ist Gewähr, dass wir vom Gleichen reden. Wenn ich auf Basis meiner mir bekannten Definitionen eine Antwort gebe, und du auf einer anderen Basis aufbauend, sieht es doch so aus, als hätte einer unrecht! Und da in der Regel ja du die viel kompetenteren Antworten gibst als ich, wird man wohl eher dir glauben!
Meiner Meinung nach ist ja auch die Definition des Hauptzweiges (jetzt nach Rühs) völlig willkürlich. Man hätte ja auch den Streifen mit dem [mm] $\pi [/mm] < [mm] \Im(w) \le 3\pi$ [/mm] nehmen können (oder sonst irgendwo die Trennung vornehmen können). Dann hätte man entlang der positiven Imaginären Achse aufschneiden müssen, und die Logarithmen der negativen Zahlen hätten keinerlei Probleme verursacht.
>
> Beispiel (aus dem Standardwerk Fischer/Lieb):
>
> Auf [mm]\IC^{\*} \setminus \IR_-[/mm] ist der durch [mm]\mbox{Log} z = \int\limits_{[1,z]} \frac{d \zeta}{\zeta}[/mm]
> definierte Zweig des Logarithmus ausgezeichnet, denn seine
> Beschränkung auf die positive reelle Achse ist offenbar
> gerade die Logarithmusfunktion der reellen Anaysis. Man
> nennt den dadurch gegebenen Zweig oft Hauptzweig (oder
> Hauptwert) und bezeichnet ihn wie hier mit Log.
>
Mit dieser Begründung (Beschränkung auf die reellen Zahlen) erscheint mir diese Sichtweise auch logisch!
Wenn du mir ein Werk empfehlen könntest, das zudem noch nicht vergriffen ist: Was würdest du mir denn empfehlen, als Gegengewicht zu meinem Rühs? Du weisst ja, ich bin sehr flexibel und habe auch in meinem bald greisenhaften Alter immer noch Freude, Neues zu lernen. Aber da die Zeit doch langsam knapp wird, will ich nur noch bewährte Literatur konsumieren. Hast du also eine Empfehlung?
Mit lieben Grüssen
Paul
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 09:38 Di 24.05.2005 | Autor: | Stefan |
Lieber Paul!
> erstmal vielen Dank für deine Antwort und die vermutlich
> recht zeitintensive Recherche-Arbeit!
Vor allem, weil ich da nicht mehr ganz nüchtern war (was mein Ergebnis vielleicht auch in Frage stellt), da ich nach meiner Veranstaltung mit Gert Mittring mit ihm und ein paar anderen noch ein paar Bierchen trinken war. Aber ich wollte mir das nicht nehmen lassen, nachdem ich die Mail gestern noch sah (leider hatte ich keine Zeit mehr ins Forum selbst zu schauen, sonst hätte ich sofort geantwortet, wo ich schon persönlich angesprochen werde ).
> Da scheint es tatsächlich zwei unterschiedliche
> Betrachtungsweisen zu geben!
>
> > klassischen Funktionentheoriebüchern. Wenn du willst, kann
> > ich dir die Seiten auch alle einscannen.
> >
>
> Das ist nicht nötig, danke aber für das Angebot.
>
> > Nur, ich denke mal eine weitere Diskussion bringt nichts,
> > weil es ein reines Definitionsproblem und kein
> > mathematisches Problem ist. Und damit möchten wir doch
> > ungern unsere Zeit verschwenden, oder?
>
> An sich nicht, aber: die Definitionen sind doch eminent
> wichtig! Nur so ist Gewähr, dass wir vom Gleichen reden.
> Wenn ich auf Basis meiner mir bekannten Definitionen eine
> Antwort gebe, und du auf einer anderen Basis aufbauend,
> sieht es doch so aus, als hätte einer unrecht!
Ja, da hast du Recht.
> Und da in
> der Regel ja du die viel kompetenteren Antworten gibst als
> ich, wird man wohl eher dir glauben!
Das brauche ich wohl nicht zu kommentieren, ist natürlich Quatsch.
> Meiner Meinung nach ist ja auch die Definition des
> Hauptzweiges (jetzt nach Rühs) völlig willkürlich.
(schreiben z.B. Fischer/Lieb auch mehrmals)
>Man
> hätte ja auch den Streifen mit dem [mm]\pi < \Im(w) \le 3\pi[/mm]
> nehmen können (oder sonst irgendwo die Trennung vornehmen
> können).
> Dann hätte man entlang der positiven Imaginären
> Achse aufschneiden müssen, und die Logarithmen der
> negativen Zahlen hätten keinerlei Probleme verursacht.
Aber dann halt der Logarithmus anderer Zahlen...
> > Beispiel (aus dem Standardwerk Fischer/Lieb):
> >
> > Auf [mm]\IC^{\*} \setminus \IR_-[/mm] ist der durch [mm]\mbox{Log} z = \int\limits_{[1,z]} \frac{d \zeta}{\zeta}[/mm]
> > definierte Zweig des Logarithmus ausgezeichnet, denn seine
> > Beschränkung auf die positive reelle Achse ist offenbar
> > gerade die Logarithmusfunktion der reellen Anaysis. Man
> > nennt den dadurch gegebenen Zweig oft Hauptzweig (oder
> > Hauptwert) und bezeichnet ihn wie hier mit Log.
> >
>
> Mit dieser Begründung (Beschränkung auf die reellen Zahlen)
> erscheint mir diese Sichtweise auch logisch!
>
> Wenn du mir ein Werk empfehlen könntest, das zudem noch
> nicht vergriffen ist: Was würdest du mir denn empfehlen,
> als Gegengewicht zu meinem Rühs? Du weisst ja, ich bin sehr
> flexibel und habe auch in meinem bald greisenhaften Alter
> immer noch Freude, Neues zu lernen. Aber da die Zeit doch
> langsam knapp wird, will ich nur noch bewährte Literatur
> konsumieren. Hast du also eine Empfehlung?
Der Fischer/Lieb ist aus meiner Sicht nach wie vor das beste Buch, auch wenn es nicht mehr das Neueste ist. Aber es ist einfach mathematisch dermaßen präzise und ausgefeilt, dass es eine Freude ist. Weiterhin empfehlenswert ist der Freitag/Busam (sehr modern, mit starker Blickrichtung auf analytische Zahlentheorie und elliptische Funktionen), der Berenstein/Gay, der Remmert (auch wenn ich ihn unübersichtlich finde, aber exzellente historische und mathematische Ausflüge) und natürlich der absolute Klassiker Hurwitz/Courant. Aber die Bücher tun sich nicht viel, sie sind fast alle gleich aufgebaut. Die Tatsache, dass ich so viele habe, ist allein dem Umstand anzukreiden, dass ich Mathebücher hobbymäßig sammle. Ich habe auch ein paar coole Funktionentheorie-Schätze aus dem Ende des 19. Jahrhunderts (ich gehe häufiger in Antiquitätenläden). Zum Beispiel ein Buch (ich weiß gerade den Autor nicht) eines selbsternannten Funktionentheorie-Experten, der ca. 1898 "Vorlesungen nach Karl Weierstraß" liest, ohne auch nur im Entferntesten Ahnung zu haben. Karl Weierstraß wusste davon aber wohl nichts (edit: konnte er auch nicht, denn da war er schon tot , insofern habe ich das Datum wohl falsch im Kopf, ich recherchiere zu Hause noch einmal, aber er hätte sich wohl im Grabe rumgedreht), dass ein Amateur nach ihm Vorlesungen abhält. Das Buch wimmelt von Fehlern. Es ist nur ein paar Mal gedruckt worden und Remmert (ich glaube er war es) macht sich in einem seiner Funktionentheorie-Bücher darüber lustig. Das Buch habe ich (außer in meiner privaten Bibliothek) noch in keiner anderen gefunden.
Liebe Grüße
Stefan
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 11:35 Di 24.05.2005 | Autor: | Paulus |
Lieber Stefan
> Vor allem, weil ich da nicht mehr ganz nüchtern war
Lass das aber ja nicht einreissen!
>
> > Dann hätte man entlang der positiven Imaginären
> > Achse aufschneiden müssen, und die Logarithmen der
> > negativen Zahlen hätten keinerlei Probleme verursacht.
>
> Aber dann halt der Logarithmus anderer Zahlen...
>
Ja, klar. Dort, wo man aufschneidet. Wäre vielleicht auch amüsant, sinuslinienförmig aufzuschneiden und die Konsequenzen zu untersuchen. Das sollen aber Verrückte tun. Mir genügt es, allein schon diese Idee zu haben!
> Der Fischer/Lieb ist aus meiner Sicht nach wie vor das
> beste Buch, auch wenn es nicht mehr das Neueste ist. Aber
> es ist einfach mathematisch dermaßen präzise und
> ausgefeilt, dass es eine Freude ist. Weiterhin
> empfehlenswert ist der Freitag/Busam (sehr modern, mit
> starker Blickrichtung auf analytische Zahlentheorie und
> elliptische Funktionen), der Berenstein/Gay, der Remmert
> (auch wenn ich ihn unübersichtlich finde, aber exzellente
> historische und mathematische Ausflüge) und natürlich der
> absolute Klassiker Hurwitz/Courant. Aber die Bücher tun
> sich nicht viel, sie sind fast alle gleich aufgebaut. Die
> Tatsache, dass ich so viele habe, ist allein dem Umstand
> anzukreiden, dass ich Mathebücher hobbymäßig sammle. Ich
> habe auch ein paar coole Funktionentheorie-Schätze aus dem
> Ende des 19. Jahrhunderts (ich gehe häufiger in
> Antiquitätenläden). Zum Beispiel ein Buch (ich weiß gerade
> den Autor nicht) eines selbsternannten
> Funktionentheorie-Experten, der ca. 1898 "Vorlesungen nach
> Karl Weierstraß" liest, ohne auch nur im Entferntesten
> Ahnung zu haben. Karl Weierstraß wusste davon aber wohl
> nichts (edit: konnte er auch nicht, denn da war er schon
> tot , insofern habe ich das Datum wohl falsch im Kopf,
> ich recherchiere zu Hause noch einmal, aber er hätte sich
> wohl im Grabe rumgedreht), dass ein Amateur nach ihm
> Vorlesungen abhält. Das Buch wimmelt von Fehlern. Es ist
> nur ein paar Mal gedruckt worden und Remmert (ich glaube er
> war es) macht sich in einem seiner Funktionentheorie-Bücher
> darüber lustig. Das Buch habe ich (außer in meiner privaten
> Bibliothek) noch in keiner anderen gefunden.
>
Na, das ist ja eine überwältigende Antwort. Ich denke, da du so grosse Stücke auf Fischer/Lieb hast, werde ich den anschaffen. Bei zu moderner Sichtweise bin ich sicher überfordert, wohl auch bei zu viel analytischer Zahlentheorie.
Von Courant habe ich die Vorlesungen über Differentialrechnung. Sehr schön und verständlich! Wäre sicher auch schön. Trotzdem: ich besorge mir Fischer/Lieb. Bei Nicht-Gefallen schicke ich die Rechnung einfach nach Bonn!
Das mit dem Amateur finde ich auch ganz lustig! Erinnert mich irgendwie an jene amerikanische Opernsängerin (der Name ist mir leider auch entfallen), die die Eintrittspreise ihres Publikums bezahlt hatte, und auch gleich die Blümensträusse, die nach der Vorstellung gefälligst auf die Bühne zu fliegen hatten!
Mit lieben Grüssen
Paul
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