Maxwell´sche Gleichungen < Elektrotechnik < Ingenieurwiss. < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 14:53 Sa 30.07.2011 | Autor: | Marcel08 |
Hallo!
Nachfolgend versuche ich eine Aufgabe zu reproduzieren, die mich noch nachdenklich stimmt. Ich hoffe, dass ich dabei keine wichtigen Angaben vergessen habe. Es liegt jedenfalls die folgende Anordnung vor:
Raumteil 1: [mm] x\in(-\infty,-\bruch{d}{2}), [/mm] es fließt der Gleichstrom [mm] I_{0} [/mm] in positive z-Richtung.
Raumteil 2 [mm] x\in(-\bruch{d}{2},+\bruch{d}{2}), [/mm] dieser Raumteil ist vollständig mit der Permeabilität [mm] \mu\to\infty [/mm] gefüllt; die Dicke der Platte beträgt dabei d>0.
Raumteil 3: [mm] x\in(+\bruch{d}{2},+\infty), [/mm] hier fließt der Wechselstrom mit zeitharmonischer Anregung [mm] I_{0}*cos(\omega{t}) [/mm] ebenfalls in positive z-Richtung.
Die Anordnung ist in y und in z- Richtung als unendlich ausgedehnt und homogen zu betrachten. (die y-Richtung zeigt nach oben, die x-Richtung zeigt nach rechts und die z-Richtung steht senkrecht auf dem Blatt, bzw. auf dem Monitor).
Die Frage lautet nun:
Mit welchem System der Maxwell´schen Gleichungen lassen sich die auftretenden Feldprobleme in Raumteil 1 direkt lösen.
a) Elektrostatik
b) Elektroquasistatik
c) Magnetostatik
d) mit dem vollständigen System der Maxwell´schen Gleichungen
Bei dieser Frage schwanke ich zwischen den Lösungsmöglichkeiten c) sowie c) und d). Dass es sich um ein Problem der Magnetostatik handelt, lässt sich meiner Meinung nach wie folgt begründen:
1.) In Raumteil 1 fließt ein Strom dessen Frequenz [mm] \omega=0 [/mm] ist.
2.) Durch die hochpermeable Wand, die Raumteil 1 von Raumteil 3 trennt, kann der zeitharmonische Wechselstrom aus Raumteil 3 keinen Einfluss auf Raumteil 1 nehmen. Durch die unendliche Permeabilität in Raumteil 2 existiert dort bereits schon kein magnetisches Feld mehr.
Theoretisch kann man dieses Feldproblem natürlich mit dem vollständigen System der Maxwell´schen Gleichungen lösen. In der Aufgabe (daran kann ich mich erinnern) steht allerdings das Wörtchen "direkt". Insofern bin ich mir bei der Antwort d) nicht sicher. Könntet ihr vielleicht Licht ins Dunkeln bringen? Was habe ich möglicherweise übersehen. Vielen Dank im Voraus!
Gruß, Marcel
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(Antwort) fertig | Datum: | 16:20 Sa 30.07.2011 | Autor: | qsxqsx |
Hallo,
Ich weiss es auch nicht. Ich tippe auf annäherungsweise Magnetostatik sofern die Wellenlänge grösser als ein bestimmter Wert ist (bzw. nicht zu grosse Frequenz).
Aber ich würde aufpassen mit der Annahme, dass eine Wand mit [mm] \mu [/mm] gegen [mm] \infty [/mm] das elektromagnetische Feld abschirmen kann. Eigentlich kann das ja nur ein Material mit einer Leitfähigkeit, da dann der Wellenvektor teilweise komplex Wird - und sonst nicht.
Nimm doch mal an [mm] \mu [/mm] sei irgendeinwert bzw. [mm] \mu [/mm] = [mm] \mu_{r}*\mu_{0}
[/mm]
Würde links ein Strom fliessen, der ein H-Feld erzeugt: Das H-Feld in der Wand wäre praktisch Null, es würde aber auf der anderen Seite trotzdem austreten und dort wieder einen relativ grossen Wert annehmen.
Gruss
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(Antwort) fertig | Datum: | 09:20 So 31.07.2011 | Autor: | Infinit |
Hallo Marcel,
qsxqsx hat ja schon wichtige und richtige Anregungen gegeben. Für eine komplette Abschirmung der Auswirkungen des Wechselstroms auf der rechten Seite müsste auch die elektrische Leitfähigkeit der Platte entsprechend hoch sein. Die Aussage von qsxqsx über die nicht vollständige Abschirmung des Magnetfeldes, das durch den Wechselstrom hervorgerufen wird, stimmt auch. Ich vermute mal, dass eine ingenieurtechnische Lösung hier mit Hilfe der Magnetostatik möglich wäre, auf jeden Fall ist sie es durch Anwendung des gesamten Satzes der Maxwellschen Gleichungen. Dann kann man sich natürlich noch fragen, was "direkte Berechnung" hier heissen soll? Ist das die Intuition eines Ingenieurs oder sind das 4 Seiten Berechnung mit Hilfe von Maxwell? Ich befürchte, eine eindeutige Antwort auf diese Frage gibt es nicht, solange die Randbedingungen nicht analytisch sinnvoll definiert sind.
Viele Grüße,
Infinit
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(Frage) beantwortet | Datum: | 20:32 So 31.07.2011 | Autor: | Marcel08 |
Hallo zusammen!
> Hallo Marcel,
> qsxqsx hat ja schon wichtige und richtige Anregungen
> gegeben. Für eine komplette Abschirmung der Auswirkungen
> des Wechselstroms auf der rechten Seite müsste auch die
> elektrische Leitfähigkeit der Platte entsprechend hoch
> sein. Die Aussage von qsxqsx über die nicht vollständige
> Abschirmung des Magnetfeldes, das durch den Wechselstrom
> hervorgerufen wird, stimmt auch. Ich vermute mal, dass eine
> ingenieurtechnische Lösung hier mit Hilfe der
> Magnetostatik möglich wäre
Wie genau würdest du denn diese Vermutung begründen? Welche Bedingungen müssten vorliegen, um das Problem mit Hilfe der Magnetostatik berechnen zu dürfen?
> , auf jeden Fall ist sie es
> durch Anwendung des gesamten Satzes der Maxwellschen
> Gleichungen. Dann kann man sich natürlich noch fragen, was
> "direkte Berechnung" hier heissen soll? Ist das die
> Intuition eines Ingenieurs oder sind das 4 Seiten
> Berechnung mit Hilfe von Maxwell? Ich befürchte, eine
> eindeutige Antwort auf diese Frage gibt es nicht, solange
> die Randbedingungen nicht analytisch sinnvoll definiert
> sind.
> Viele Grüße,
> Infinit
Viele Grüße, Marcel
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(Antwort) fertig | Datum: | 23:45 So 31.07.2011 | Autor: | qsxqsx |
Hallo,
Das ist dann eigentlich Magnetoquasistatik (soferns den namen gibt?).
Da das Feld eine gewisse Zeit zur Ausbreitung benötigt, ist es so, dass der Strom in wirklichkeit schon wieder anders ist, als man es im Abstand a vom Leiter vermuten würde...
Übrigens, oftmals, um Probleme in der Elektroquasistatik zu lösen muss gelten [mm] \lambda [/mm] >> l, (l ist die grösste Länge der zu untersuchenden Anordnung).
Beispiel: Gegeben ein Quader auf den eine elektromagnetische Welle trifft mit Seitenlängen a,b und c. Wenn a>b>c, so muss [mm] \lambda [/mm] >> a sein.
Grüsse
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(Antwort) fertig | Datum: | 01:26 Mo 01.08.2011 | Autor: | qsxqsx |
Hallo nochmals,
Hier das retardierte(!) Vektorpotential, welches sich aus der Helmholzdifferentialgleichung fürs Vektorpotential ableiten lässt:
[mm] \Delta \vec{A} [/mm] - [mm] \bruch{1}{c^{2}}*\bruch{\partial^{2} \vec{A}}{\partial t^{2}} [/mm] = [mm] -\mu_{0}*j
[/mm]
folgt
[mm] \vec{A}(r,t) [/mm] = [mm] \bruch{\mu_{0}}{4*\pi}*\integral_{}^{}{\bruch{j(r',t')}{|r-r'|} dV'} [/mm] mit t' = t - [mm] \bruch{|r-r'|}{c}
[/mm]
Das ist dann aber keine Magnetoquasistatik mehr...
Grüsse
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(Frage) beantwortet | Datum: | 14:08 Di 02.08.2011 | Autor: | Marcel08 |
Hallo!
Du bringst jetzt die Begriffe "Elektroquasistatik", "Helmholtz-Gleichung" und "Vektorpotential" ein. Wozu brauchen wir nun den Begriff "Elektroquasistatik"? Meiner Meinung nach handelt es sich bei diesem Problem um ein primäres magnetisches Feld, welches wiederum ein sekundäres elektrisches Feld induziert. Daher scheidet dieser Bereich für mich aus. Wie sieht es aus mit dem Vektorpotential? Wozu brauchen wir das hier? Auch eine Helmholtz-Gleichung dürfte ja hier aufgrund einer fehlenden Leitfähigkeit [mm] \kappa [/mm] nicht zur Anwendung kommen, denn man hat ja
[mm] {\underline_{p}}=0 [/mm] mit [mm] {\underline_{p}}=(1+j)k [/mm] wobei [mm] k=\wurzel{\bruch{\omega\kappa\mu}{2}} [/mm] und [mm] \delta=\bruch{1}{k}. [/mm]
Die Problembereiche der Magnetostatik und der Magnetoquasistatik haben wir wie folgt als zwei verschiedene Problembereiche elektromagnetischer Felder behandelt. Die Maxwell´schen Gleichungen der Magnetoquasistatik lauten:
[mm] rot{\vec{\underline_{E}}}=-j\omega{\vec{\underline_{B}}}
[/mm]
[mm] rot{\vec{\underline_{H}}}={\vec{\underline_{J}}}, [/mm] mit [mm] {\vec{\underline_{J}}}>>j\omega{\vec{\underline_{D}}}
[/mm]
[mm] div{\vec{\underline_{B}}}=0
[/mm]
[mm] div{\vec{\underline_{D}}}=\rho
[/mm]
Diese Gleichungen beziehen sich aufgrund des verwendeten Frequenzbereiches lediglich auf zeitharmonische Anregungen. Dabei beschränkten wir uns auf homogene, lineare und isotrope Materialien. Das System der Magnetostatik hingegen definierten wir mit [mm] \bruch{\partial}{\partial{t}}=0 [/mm] wie folgt:
[mm] rot\vec{H}=\vec{J}
[/mm]
[mm] div\vec{B}=0
[/mm]
Daher vermute ich mal, dass der Bereich der Magnetoquasistatik bei der Lösung dieser Aufgabe ausscheidet; er ist ja auch in den Antwortmöglichkeiten nicht vorgegeben. Was mich nach wie vor beschäftigt ist die Frage, inwiefern der zeitharmonische Wechselstrom auf der linken Seite das Problem auf der rechten Seite beeinflusst. Aus dem Induktionsgesetz erhalte ich ja unmittelbar
[mm] {\vec{\underline_{H}}}=-\bruch{1}{j\omega\mu}rot{\vec{\underline_{E}}}
[/mm]
und somit für den Teilbereich 2
[mm] \limes_{\mu\rightarrow\infty}{\vec{\underline_{H}}}=\limes_{\mu\rightarrow\infty}-\bruch{1}{j\omega\mu}rot{\vec{\underline_{E}}}=0
[/mm]
Wie kann man das nun interpretieren? Der Bereich 2 dürfte frei von magnetischen Feldern sein. Nach dem Durchflutungsgesetz gibt es somit dort auch kein elektrisches Feld. Ihr habt nun gesagt, dass die hochpermeable Wand die elektromagnetischen Wellen nicht vollständig abschirmt. Kann man denn nicht davon ausgehen, dass sie das magnetische Feld so weit schwächt, dass im Teilbereich 1 gemäß [mm] |\vec{H}_{1}|>>|{\vec{\underline_{H}}}_{3}| [/mm] die Gesetze der Magnetostatik anwendbar werden?
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(Antwort) fertig | Datum: | 14:37 Di 02.08.2011 | Autor: | qsxqsx |
Hallo,
Magnetostatik wäre eben anwendbar, wenn die Frequenz genügend klein ist:
Das würde dann bedeuten: Umlaufintegral von H ergibt den Strom.
In wirklichkeit hinkt aber das Feld dem Strom nach. Das wollte ich mit der Helmholzgleichung sagen. Das Vektorpotential deshalb, weil man ja durch rot A das B-Feld erhält bzw. das Vektorpotential dem B-Feld entspricht und man schon am Vektorpotential ansieht, dass es in Wirklichkeit zeitverzögert ist.
Das mit der Abschirmung:
1. Stell dir mal einen Leiter vor, der genügend weit von der Permeablen Wand entfernt ist, sodass die Feldlinien praktisch senkrecht auf die Wand treffen. Jetzt rechne mal à la Stetigkeitsbedingungen und [mm] \integral_{}^{}{H ds} [/mm] = I aus, was für ein H-Feld in der Wand und auf der anderen Seite resultiert.
2. Im realen Fall mit dem Zeitvezögerten Strom wird sich eine Elektromagnetische Welle auf die Wand zubewegen. Der Leistungsfluss bzw. der Pointingvektor wird in dieser Wand nicht kleiner. Es ändert sich lediglich das Verhältnis von der E-Feld zur H-Feld Amplitude.
Ich lass die Frage für Infinit mal halb offen;)
Grüsse
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 10:46 Mi 03.08.2011 | Autor: | Marcel08 |
Vielen Dank jedenfalls für eure Hilfen. Wenn ich etwas genaueres weiß, werde ich mal die richtige Lösung posten.
Viele Grüße, Marcel
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(Antwort) fertig | Datum: | 17:15 Mi 03.08.2011 | Autor: | Infinit |
Hallo Marcel, hallo qsxqsx,
alles, was wir bisher in diesem Thread an Lösungsansätzen ausgetauscht haben, ist aus meiner Sicht vertretbar, denn wir kennen weder die genaue Aufgabenstellung, noch was mit so schönen Worten wie "direkt bestimmbar" oder ähnliches gemeint sein soll. Es besteht wohl kein Zweifel, dass das Raumgebiet in der Mitte das Magnetfeld, das durch die rechte Seite hervorgerufen wird, stark abschirmt, wie qsxqsx aber sagte, findet immer noch ein Leistungstransport statt. Mit der Bezeichnung der Klassifikationen, wie sie Marcel einbrachte, habe ich so meine Schwierigkeiten, da die Bedingungen, unter denen jede dieser Klassen anwendbar sein soll, aus meiner Sicht nicht sehr trennscharf sind.
Ich bin mal gespannt, was Marcel uns später noch dazu sagen kann und ich hoffe, es gibt nicht nur eine Antwort, sondern auch eine kleine Plausibilitätsbegründung dazu.
Damit sollten wir es, so glaube ich, erst mal gut sein lassen und abwarten, was sich da weiter ergibt. Auf jeden Fall fand ich den Gedankenaustausch mit euch sehr anregend.
Viele Grüße,
Infinit
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 20:51 Mi 07.09.2011 | Autor: | Marcel08 |
Hallo zusammen!
Für alle die sich noch für die Lösung dieser Problemstellung interessieren: Die hochpermeable Wand soll wohl in der Tat den Raumteil 1 komplett vom Raumteil 2, unabhängig von der Frequenz des Wechselstroms, abschirmen. Der Assistent hatte dies mit der Beziehung
[mm] \delta=\bruch{1}{k}=\wurzel{\bruch{2}{\omega\kappa\mu}}
[/mm]
begründet und dabei von einem "degenerierten Fall" gesprochen. Da weiß ich dann aber leider nicht mehr, was damit gemeint ist. Die richtigen Lösungen dieser Aufgabe lauten jedenfalls
- Magnetostatik und
- mit dem vollständigen System der Maxwell´schen Gleichungen
Irgendwie fand ich die Erklärung zu dieser Aufgabe doch recht ernüchternd. Vielen Dank jedenfalls für eure Mitwirkungen.
Viele Grüße, Marcel
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 16:58 Do 08.09.2011 | Autor: | Infinit |
Hallo Marcel,
vielen Dank für diesen interessanten Nachtrag, der mir zeigt, dass das ganze wohl doch ein recht akademisches Problem ist. Unsere Überlegungen dazu waren demzufolge im großen und ganzen okay, eine mathematische Betrachtung mit Hilfe von Gleichungen für das gesamte Raumgebiet, das wäre interessant gewesen. Degeneriert ist dieser Fall insofern, dass in der Praxis solch eine hundertprozentige Isolierung der Raumgebiete, insbesondere an den Übergängen, wohl nicht möglich ist.
Viele Grüße,
Infinit
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