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(Frage) beantwortet | Datum: | 20:01 Mo 11.04.2022 | Autor: | Trikolon |
Aufgabe | Folgt grundsätzlich aus der Tatsache, dass für eine Funktion f gilt: [mm] f'(x_0)=0 [/mm] und f' hat an der Stelle [mm] x_0 [/mm] keinen Vorzeichenwechsel, dass [mm] x_0 [/mm] eine Sattelstelle ist? |
Bei ganzrationalen Funktionen habe ich bislang noch kein Gegenbeispiel gefunden. Gibt es Funktionstypen, bei denen obige Aussage falsch ist?
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> Folgt grundsätzlich aus der Tatsache, dass für eine
> Funktion f gilt: [mm]f'(x_0)=0[/mm] und f' hat an der Stelle [mm]x_0[/mm]
> keinen Vorzeichenwechsel, dass [mm]x_0[/mm] eine Sattelstelle ist?
> Bei ganzrationalen Funktionen habe ich bislang noch kein
> Gegenbeispiel gefunden. Gibt es Funktionstypen, bei denen
> obige Aussage falsch ist?
Die Aussage " [mm] f'(x_0)=0 [/mm] und f' hat bei [mm] x_0 [/mm] keinen Vorzeichenwechsel " ist so gemeint: " [mm] f'(x_0)=0 [/mm] und es gibt eine Umgebung von [mm] x_0, [/mm] so dass in dieser Umgebung f' existiert und dort - bis auf [mm] f'(x_0) [/mm] - überall das selbe positive oder negative Vorzeichen hat ".
Das bedeutet aber: f ist in dieser Umgebung überall, bis auf [mm] x_0, [/mm] streng monoton steigend oder streng monoton fallend und hat in [mm] x_0 [/mm] eine waagerechte Tangente und somit dort einen Sattelpunkt. Das ist unabhängig vom Funktionstyp.
Hinweis:
Bildet man für [mm] x_0 [/mm] die Folge [mm] f'(x_0), f''(x_0), f'''(x_0), f''''(x_0), [/mm] ... und gehört der erste Wert in dieser Kette, der ungleich null ist, zu einer "geraden" Ableitung (also die 2., 4., 6.,...), so liegt für einen negativen Wert ein H.- und für einen positiven Wert ein T-Punkt vor; gehört er zu einer "ungeraden" Ableitung höher als f' (also die 3., 5., 7.,...), so handelt es sich um einen W-Punkt, bei positivem Wert mit rechts-links-Krümmung, bei negativem Wert mit links-rechts-Krümmung.
Beispiel: [mm] f(x)=x^6 [/mm] hat bei 0 einen T.-Punkt.
[mm]f'(x)=6x^5, [/mm] [mm]f'(0)=0,[/mm] also H-, T- oder S-Punkt.
[mm]f''(x)=6*5x^4,[/mm] [mm] f''(0)=0,[/mm]
[mm]f'''(x)=6*5*4x^3,[/mm] [mm] f'''(0)=0,[/mm]
[mm]f''''(x)=6*5*4*3x^2,[/mm] [mm] f''''(0)=0,[/mm]
[mm]f'''''(x)=6*5*4*3*2x,[/mm] [mm] f'''''(0)=0, [/mm]
[mm]f''''''(x)=6*5*4*3*2=720 > 0[/mm] 6. Ableitung, also T-Punkt.
Beispiel: [mm] f(x)=x^3 [/mm] hat bei 0 einen S-Punkt.
[mm]f'(x)=3x^2,[/mm] [mm] f'(0)=0, [/mm] also H-, T- oder S-Punkt.
[mm]f''(x)=3*2x, [/mm] [mm]f''(0)=0,[/mm]
[mm]f'''(x)=3*2=6 > 0 [/mm] 3. Ableitung, also W-Punkt mit rechts-links-Krümmung.
Das ist immer so, falls die Ableitungen existieren.
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(Frage) beantwortet | Datum: | 09:46 Di 12.04.2022 | Autor: | Trikolon |
Vielen Dank für die ausführliche und aufschlussreiche Antwort!
Noch eine ergänze Frage: Folgt aus der Tatsache, dass f' an einer Stelle [mm] x_0 [/mm] eine Sattelstelle besitzt, dass f an dieser Stelle eine Extremstelle besitzt?
Nach weiterem Überlegen: Dies ist ja nur dann möglich, wenn der Sattelpunkt von f' auf der x-Achse liegt.
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> Vielen Dank für die ausführliche und aufschlussreiche
> Antwort!
>
> Noch eine ergänze Frage: Folgt aus der Tatsache, dass f'
> an einer Stelle [mm]x_0[/mm] eine Sattelstelle besitzt, dass f an
> dieser Stelle eine Extremstelle besitzt?
> Nach weiterem Überlegen: Dies ist ja nur dann möglich,
> wenn der Sattelpunkt von f' auf der x-Achse liegt.
So ist es.
Zu meiner Ausführung mit den weiteren Ableitungen:
Das Kriterium "Wenn die ...-te Ableitung zum ersten Mal ungleich null ist..." ist ein hinreichendes, kein notwendiges Kriterium. Das typische einschränkende Beispiel hierzu lautet:
[mm] f(x)=e^{-1/x^2} [/mm] für x [mm] \ne [/mm] 0 und f(0)=0.
Für x [mm] \ne [/mm] 0 ist f positiv und hat daher in 0 einen T-Punkt.
f und alle Ableitungen von f sind in 0 stetig und auch dort unendlich oft diffbar, die Ableitungen haben für x=0 alle den Wert 0, helfen also zur Bestimmung der Extremwert-Art hier nicht weiter.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 12:22 Di 12.04.2022 | Autor: | Gonozal_IX |
Hiho,
> Beispiel hierzu lautet:
>
> [mm]f(x)=e^{-1/x^2}[/mm] für x [mm]\ne[/mm] 0 und f(0)=0.
eine kleine Modifikation dieses Beispiels wäre auch ein schönes Gegenbeispiel für die Frage des Threaderstellers:
[mm]f(x)=e^{-1/x^2}[/mm] für [mm]x > 0[/mm] und 0 sonst.
Es gilt dann f'(0) = 0 und f' hat an 0 keinen Vorzeichenwechsel, trotzdem ist 0 keine Sattelstelle sondern ein lokales Minimum.
Gruß,
Gono
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 22:41 Di 12.04.2022 | Autor: | donquijote |
Hallo,
> Hiho,
>
> > Beispiel hierzu lautet:
> >
> > [mm]f(x)=e^{-1/x^2}[/mm] für x [mm]\ne[/mm] 0 und f(0)=0.
>
> eine kleine Modifikation dieses Beispiels wäre auch ein
> schönes Gegenbeispiel für die Frage des
> Threaderstellers:
>
> [mm]f(x)=e^{-1/x^2}[/mm] für [mm]x > 0[/mm] und 0 sonst.
>
> Es gilt dann f'(0) = 0 und f' hat an 0 keinen
> Vorzeichenwechsel, trotzdem ist 0 keine Sattelstelle
> sondern ein lokales Minimum.
Das stimmt nicht. [mm] $f'(x)=\frac{2}{x^3}e^{-1/x^2}$ [/mm] für [mm] $x\ne [/mm] 0$ hat bei x=0 einen Vorzeichenwechsel.
Grundsätzlich gilt: Hat eine differenzierbare Funktion $f$ an der Stelle [mm] $x_0$ [/mm] ein striktes lokales Extremum, so nimmt $f'$ in jeder Umgebung sowohl positive als auch negative Werte an.
>
> Gruß,
> Gono
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 00:01 Mi 13.04.2022 | Autor: | Gonozal_IX |
Hiho,
> > Es gilt dann f'(0) = 0 und f' hat an 0 keinen
> > Vorzeichenwechsel, trotzdem ist 0 keine Sattelstelle
> > sondern ein lokales Minimum.
> Das stimmt nicht.
Doch stimmt.
> [mm]f'(x)=\frac{2}{x^3}e^{-1/x^2}[/mm] für [mm]x\ne 0[/mm]
> hat bei x=0 einen Vorzeichenwechsel.
Das stimmt, war aber gar nicht meine Aussage und ist auch nicht die Ableitung meiner angegebenen Funktion.
> Grundsätzlich gilt: Hat eine differenzierbare Funktion [mm]f[/mm]
> an der Stelle [mm]x_0[/mm] ein striktes lokales Extremum, so nimmt
> [mm]f'[/mm] in jeder Umgebung sowohl positive als auch negative
> Werte an.
Das hat auch niemand bezweifelt.
In den Beispielen geht es aber eben gerade um nicht strikt lokale Extrema als Gegenbeispiele.
Gruß,
Gono
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Gonozal hat die Funktion für negative Werte auf 0 gesetzt, so dass f'(x)=0 für alle negativen Werte von x gilt, f'(x)>0 für alle positiven x-Werte und daher bei x=0 kein VZW stattfindet.
Ich habe für meine Ausführungen aber einschränkend gesagt, dass vor und nach [mm] x_0 [/mm] f' positiv oder negativ sein soll. Vielleicht hätte ich besser sagen sollen: Das VZW-Kriterium lässt sich (nur?) anwenden, wenn in einer Umgebung von [mm] x_0 [/mm] für [mm] xx_0 [/mm] ebenfalls ein einheitlich positives oder negatives Vorzeichen.
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(Korrektur) fundamentaler Fehler | Datum: | 11:58 Di 12.04.2022 | Autor: | Gonozal_IX |
Hiho,
deine Schlussfolgerung
> Die Aussage " [mm]f'(x_0)=0[/mm] und f' hat bei [mm]x_0[/mm] keinen
> Vorzeichenwechsel " ist so gemeint: " [mm]f'(x_0)=0[/mm] und es gibt
> eine Umgebung von [mm]x_0,[/mm] so dass in dieser Umgebung f'
> existiert und dort - bis auf [mm]f'(x_0)[/mm] - überall das selbe
> positive oder negative Vorzeichen hat ".
ist leider falsch.
Daher auch der Rest des Postings.
Gruß,
Gono
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Hiho,
ich muss hier leider HJKweseleit massiv widersprechen.
> Folgt grundsätzlich aus der Tatsache, dass für eine
> Funktion f gilt: [mm]f'(x_0)=0[/mm] und f' hat an der Stelle [mm]x_0[/mm] keinen Vorzeichenwechsel, dass [mm]x_0[/mm] eine Sattelstelle ist?
Jede konstante Funktion ist ein Gegenbeispiel.
Es gilt für jeden Punkt [mm]f'(x_0)=0[/mm] und es findet kein Vorzeichenwechsel an [mm] $x_0$ [/mm] statt.
Trotzdem ist kein [mm] $x_0$ [/mm] Sattelstelle.
Gruß,
Gono
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> Hiho,
>
> ich muss hier leider HJKweseleit massiv widersprechen.
>
> > Folgt grundsätzlich aus der Tatsache, dass für eine
> > Funktion f gilt: [mm]f'(x_0)=0[/mm] und f' hat an der Stelle [mm]x_0[/mm]
> keinen Vorzeichenwechsel, dass [mm]x_0[/mm] eine Sattelstelle ist?
>
> Jede konstante Funktion ist ein Gegenbeispiel.
> Es gilt für jeden Punkt [mm]f'(x_0)=0[/mm] und es findet kein
> Vorzeichenwechsel an [mm]x_0[/mm] statt.
> Trotzdem ist kein [mm]x_0[/mm] Sattelstelle.
>
> Gruß,
> Gono
Ja, sehr gut erkannt.
Damit man aber mit dem VZW-Kriterium etwas mehr anfangen kann, habe ich extra noch mal eine einschränkende Definition des Vorzeichenwechsels gegeben - außer bei [mm] x_0 [/mm] soll in einer Umgebung f' für [mm] xx_0 [/mm] ebenfalls ein einheitliches Vorzeichen [mm] \ne [/mm] 0 -, und im Hinblick darauf sind alle meine Ausführungen richtig. Was du als falsche Schlussfolgerung bezeichnest, ist keine, sondern (m)eine Definition.
Wenn man nur vom Wortlaut "Vorzeichenwechsel" ausgeht, könnte man für die Funktion
[mm] f(x)=x^2*sin(1/x) [/mm] für [mm] x\ne0 [/mm] und f(0)=0
behaupten, dass bei x=0 ein Extrempunkt liegt, obwohl die Funktion punktsymmetrisch zum Ursprung ist, weil f'(x)=0 ist und dort ein permanenter VZW stattfindet. Damit man überhaupt sinnvoll mit dem VZW-Kriterium arbeiten kann, wird auch hier einschränkend verlangt, dass für eine Umgebung vor bzw. nach [mm] x_0 [/mm] ein einheitliches Vorzeichen vorliegt. Ich habe noch 0 ausgeschlossen, um die Anwendungsregeln zu erweitern.
Da Trikolon keinen Status angegeben hat, bin ich davon ausgegangen, dass er Gymnasiast ist und eher praktisch als theoretisch orientiert ist.
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