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Was ist eine Zahl ?: Zweifel
Status: (Frage) überfällig Status 
Datum: 12:35 So 14.11.2010
Autor: Sax

Aufgabe
„Erzeugt man die Ziffern einer nicht abbrechenden Dezimalzahl mit einem Glücksrad, so ist die Zahl irrational. Begründe“

Hi,

ich bin neulich beim Herumstöbern auf diese Aufgabe für Schüler der 9. Klasse gestoßen.

Nehmen wir an, dass es sich um die Nachkommastellen einer Zahl 0, … handeln soll.
Dazu habe ich zwei Fragen:

Erstens :
Kann man die Ziffern einer Zahl mit einem Glücksrad erzeugen ?
Kann man eine Zahl so definieren ?
Muss nicht ein Kriterium angegeben sein, mit dessen Hilfe ich die 278. Stelle der Zahl berechnen kann oder muss nicht wenigstens die Existenz dieser Zahl z.B. als Grenzwert einer konkret angegebenen Folge durch einen Existenzsatz gesichert sein ?
Muss man das Auswahlaxiom zur Beantwortung heranziehen ?

Zweitens :
Angenommen man könnte auf diese Weise eine Zahl erzeugen.
Kann ich dann sagen, ob die Zahl rational oder irrational ist ohne dass mir diese Zahl konkret vorgelegt wird ?
Die Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Ereignis 0 ist (rationale Zahl wird erzeugt), bedeutet doch nicht, dass es das unmögliche Ereignis ist.

Gruß Sax.


        
Bezug
Was ist eine Zahl ?: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 13:00 So 14.11.2010
Autor: reverend

Hallo Sax,

eine interessante Frage. Was da den "Neunern" implizit zugemutet wird, ist ja erheblich. Mit ihren Mitteln sollen sie eine Aussage beweisen, die in mehreren Punkten von Grundentscheidungen der Mathematik abhängt.

> Nehmen wir an, dass es sich um die Nachkommastellen einer
> Zahl 0, … handeln soll.

Gut, das kann man oBdA tun. Wir erzeugen also ein [mm] x\in[0,1[ [/mm]

>  Dazu habe ich zwei Fragen:
>  
> Erstens :
>  Kann man die Ziffern einer Zahl mit einem Glücksrad
> erzeugen ?
>  Kann man eine Zahl so definieren ?

Warum nicht?

>  Muss nicht ein Kriterium angegeben sein, mit dessen Hilfe
> ich die 278. Stelle der Zahl berechnen kann oder muss nicht
> wenigstens die Existenz dieser Zahl z.B. als Grenzwert
> einer konkret angegebenen Folge durch einen Existenzsatz
> gesichert sein ?

Ich sehe nicht, womit diese Forderung zu begründen wäre. Ich könnte Dich bitten, eine irrationale Zahl zu untersuchen, und Dir versichern, dass es genügt, die ersten 10000 Stellen zu kennen. Die diktiere ich Dir eben.
Natürlich wäre eine Information darüber, wie die Zahl erzeugt wird, hilfreich für die Untersuchung, aber leider habe ich vergessen, wie ich das gemacht habe. Genau darum bitte ich ja um Deine Unterstützung.
Ist die Zahl nun existent? Sie beginnt übrigens so: 0,2008553692318766774092852965458... (mehr dann im telefonischen Diktat).

>  Muss man das Auswahlaxiom zur Beantwortung heranziehen ?

Das scheint mir nicht so. Die Frage müsste auch konstruktivistisch zu lösen sein. Aber allein die Fragestellung zeigt, dass die Aufgabe für die Mittelstufe wohl unangemessen ist.

> Zweitens :
>  Angenommen man könnte auf diese Weise eine Zahl
> erzeugen.
>  Kann ich dann sagen, ob die Zahl rational oder irrational
> ist ohne dass mir diese Zahl konkret vorgelegt wird ?

Nein, natürlich nicht.
Anhand ihrer Dezimaldarstellung ist das sowieso ausnehmend schwierig zu unterscheiden.
Nehmen wir den Bruch [mm] \bruch{2^{134}+3^{99}}{2^{93}+3^{100}}. [/mm] Er liegt zwischen 0 und 1, Zähler und Nenner sind jeweils prim. Die zu erwartende Periodenlänge liegt bei ca. [mm] 5,1538*10^{47} [/mm] Stellen. Die Frage ist nur, auf welchem Weg Du überhaupt diese Darstellung oder auch eine andere finden kannst, aus der ersichtlich wird, dass die Zahl rational ist. Eine profunde Kenntnis der zahlentheoretischen Bedeutung elliptischer Kurven ist das Minimum, das dafür vorauszusetzen ist; leider genügt aber nicht einmal das.

>  Die Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit für ein
> Ereignis 0 ist (rationale Zahl wird erzeugt), bedeutet doch
> nicht, dass es das unmögliche Ereignis ist.

Das ist das schlagende Argument, und genau daran wird sich Deine Auffassung (die ich teile) von der des Aufgabenstellers unterscheiden.
Doch so ist es: warum sollte das Glücksrad nicht auch eine rationale Zahl erzeugen können? Die Wahrscheinlichkeit dafür ist größer als Null und liegt bei [mm] \bruch{1}{\aleph_{0}^{\aleph_{0}}}\le p\le \bruch{1}{\aleph_{0}} [/mm]

> Gruß Sax.

Grüße
reverend

PS: Ich lasse die Frage halboffen. Oder wäre es besser, sie als Umfrage zu deklarieren? Da bin ich gerade unentschlossen.



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Was ist eine Zahl ?: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 13:07 So 14.11.2010
Autor: fred97

für Schüler der 9. Klasse ist diese Aufgabe ja nun völlig bekloppt !!!

FRED

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Was ist eine Zahl ?: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 15:56 So 14.11.2010
Autor: Al-Chwarizmi


> für Schüler der 9. Klasse ist diese Aufgabe ja nun
> völlig bekloppt !!!
>  
> FRED


Hallo Fred,

ich nehme einmal an (vor allem hoffe ich), dass dort
auch kein Beweis im strengen mathematischen Sinn
gefragt war, sondern so etwas wie Plausibilitätsüber-
legungen der Art "Regelmäßigkeit (Periodizität) ist
im Reich aller möglichen Dezimalentwicklungen etwas
äußerst Rares".
Möglicherweise wurde ja vorher auch davon gespro-
chen, dass die Menge der nicht periodischen (irratio-
nalen) Dezimalzahlen überabzählbar ist, im Gegensatz
zu jener der periodischen. Für eine 9. Klasse jedoch
zugegebenermaßen im Normalfall deutlich überrissen.  

Gruß,  Al


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Was ist eine Zahl ?: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 10:43 Mo 15.11.2010
Autor: felixf

Moin!

> > für Schüler der 9. Klasse ist diese Aufgabe ja nun
> > völlig bekloppt !!!

So kann man das auch sagen :D

> ich nehme einmal an (vor allem hoffe ich), dass dort
> auch kein Beweis im strengen mathematischen Sinn
> gefragt war, sondern so etwas wie Plausibilitätsüber-
>  legungen der Art "Regelmäßigkeit (Periodizität) ist
> im Reich aller möglichen Dezimalentwicklungen etwas
> äußerst Rares".
>  Möglicherweise wurde ja vorher auch davon gespro-
>  chen, dass die Menge der nicht periodischen (irratio-
>  nalen) Dezimalzahlen überabzählbar ist, im Gegensatz
>  zu jener der periodischen. Für eine 9. Klasse jedoch
>  zugegebenermaßen im Normalfall deutlich überrissen.  

Ich finde es bei der Aufgabe auch noch sehr bedenklich, dass hier der Eindruck gegeben wird, gewisse Ereignisse (z.B. bei jeder Gluecksraddrehung kommt 0 raus) mit Mass 0 treten nicht auf.

Man kann sich die Aufgabe jetzt aus vielen Blickwinkeln anschauen, und egal mit welchem Wissensstand / Niveau man diese angeht, es bleibt immer ein schlechter Beigeschmack.

Wenn diese Frage also nicht dafuer gedacht ist, Akademier / Lehrer / ... ueber solche Fragen nachdenken zu lassen (fuer soche Zwecke ist die Frage sehr gut, wie die Diskussion hier zeigt), sondern wirklich an Neuntklaessler gestellt werden soll, dann finde ich: Fred hat voellig Recht.

LG Felix


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Was ist eine Zahl ?: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 11:21 Mo 15.11.2010
Autor: fred97


> Moin!
>  
> > > für Schüler der 9. Klasse ist diese Aufgabe ja nun
> > > völlig bekloppt !!!
>  
> So kann man das auch sagen :D
>  
> > ich nehme einmal an (vor allem hoffe ich), dass dort
> > auch kein Beweis im strengen mathematischen Sinn
> > gefragt war, sondern so etwas wie Plausibilitätsüber-
>  >  legungen der Art "Regelmäßigkeit (Periodizität) ist
> > im Reich aller möglichen Dezimalentwicklungen etwas
> > äußerst Rares".
>  >  Möglicherweise wurde ja vorher auch davon gespro-
>  >  chen, dass die Menge der nicht periodischen (irratio-
>  >  nalen) Dezimalzahlen überabzählbar ist, im Gegensatz
>  >  zu jener der periodischen. Für eine 9. Klasse jedoch
>  >  zugegebenermaßen im Normalfall deutlich überrissen.  
>
> Ich finde es bei der Aufgabe auch noch sehr bedenklich,
> dass hier der Eindruck gegeben wird, gewisse Ereignisse
> (z.B. bei jeder Gluecksraddrehung kommt 0 raus) mit Mass 0
> treten nicht auf.
>  
> Man kann sich die Aufgabe jetzt aus vielen Blickwinkeln
> anschauen, und egal mit welchem Wissensstand / Niveau man
> diese angeht, es bleibt immer ein schlechter Beigeschmack.
>  
> Wenn diese Frage also nicht dafuer gedacht ist, Akademier /
> Lehrer / ... ueber solche Fragen nachdenken zu lassen (fuer
> soche Zwecke ist die Frage sehr gut, wie die Diskussion
> hier zeigt), sondern wirklich an Neuntklaessler gestellt
> werden soll, dann finde ich: Fred hat voellig Recht.
>  
> LG Felix
>  

Hallo Felix,

ich danke Dir. Meine obige Reaktion war zugegeben sehr spontan und emotional und zwar aus folgendem Grund:

Meine Stieftochter geht in die 10. Klasse (Gym.) Ich bin also ziemlich nah dran,an dem  was man dieser Altersklasse zumuten kann und was nicht. Wenn ich meiner Stieftochter etwas erzählen würde über Abzählbarkeit, Überabzählbarkeit, Wahrscheinlichkeitsmaße (in ob. Zusammenhang), etc ... , dann kann ich mir die Reaktin lebhaft vorstellen ..

Gruß FRED

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Was ist eine Zahl ?: Was ist ein Glücksrad ?
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 13:27 So 14.11.2010
Autor: Al-Chwarizmi


> „Erzeugt man die Ziffern einer nicht abbrechenden
> Dezimalzahl mit einem Glücksrad, so ist die Zahl
> irrational. “

Die Voraussetzung "Erzeugung einer nicht abbrechenden
Dezimalzahl mittels Glücksrad" ist (real !) unerfüllbar.
Eine solche Zahl kann also gar nicht existieren.
Damit wird auch die Folgerung "so ist die Zahl
irrational" gegenstandslos bzw. formal falsch.

Wenn wir die Aufgabe etwas anders formulieren:

"Falls es eine nicht abbrechende Dezimalzahl z gibt,
deren Ziffern man (*) mit einem Glücksrad (real !)
erzeugen kann, so ist z irrational"

so haben wir eine wahre Aussage. Die Aussage

"Falls es eine nicht abbrechende Dezimalzahl z gibt,
deren Ziffern man mit einem Glücksrad erzeugen kann,
so ist z rational"

ist dann allerdings ebenfalls wahr.

(*) Das "man" möchte ich relativ großzügig auslegen:
sagen wir mal alle Mitglieder der Art homo sapiens mit
allen ihren technischen Möglichkeiten, solange es die
Art überhaupt noch gibt ...


LG     Al-Chw.



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Was ist eine Zahl ?: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 11:44 Mo 15.11.2010
Autor: reverend

Hallo Al,

ich habe weiter unten eine andere Mitteilung geschrieben, die auch schon Bezug auf diesen Deinen Beitrag nimmt.

> Die Voraussetzung "Erzeugung einer nicht abbrechenden
>  Dezimalzahl mittels Glücksrad" ist (real !)
> unerfüllbar.

Sie ist aktual unerfüllbar, potentiell aber sehr wohl.

>  Eine solche Zahl kann also gar nicht existieren.

Das ist nun eine knifflige Behauptung. Die Möglichkeit der Existenz ist keine ontische, sondern eine ontologische Fragestellung, die auch dann bejaht werden muss, wenn die Existenz nur potentiell möglich ist.
Philosophisch gesehen müsste die Aussage daher lauten:
Ein solche Zahl kann sehr wohl existieren, existiert aber nicht.

>  Damit wird auch die Folgerung "so ist die Zahl
>  irrational" gegenstandslos bzw. formal falsch.

Dem kann ich dagegen vorbehaltlos zustimmen (und ontisch: das tue ich auch). :-)
Das Problem ist aber, dass die Fragestellung gar keine Folgerung zulässt.

> Wenn wir die Aufgabe etwas anders formulieren:
>  
> "Falls es eine nicht abbrechende Dezimalzahl z gibt,
> deren Ziffern man (*) mit einem Glücksrad (real !)
> erzeugen kann, so ist z irrational"
>  
> so haben wir eine wahre Aussage. Die Aussage

Wenn Du dazu nicht noch mehr geschrieben hättest, hätte ich hier widersprechen müssen. Aber es folgt ja noch dies:

> "Falls es eine nicht abbrechende Dezimalzahl z gibt,
> deren Ziffern man mit einem Glücksrad erzeugen kann,
> so ist z rational"
>  
> ist dann allerdings ebenfalls wahr.

Gut. Dann widerspreche ich eben erst hier. Aber Du triffst trotzdem den Kern der Sache. Die Rationalität oder Irrationalität der Zahl ist nicht entscheidbar. Hier haben wir ein sozusagen ein Quantenproblem der Mathematik, zwei einander ausschließende "Zustände", die zugleich existieren. Erst eine "Befragung" der Zahl könnte die Entscheidung bringen, aber warum diese unmöglich ist, habe ich in der o.g. Mitteilung schon erläutert.

> (*) Das "man" möchte ich relativ großzügig auslegen:
>  sagen wir mal alle Mitglieder der Art homo sapiens mit
>  allen ihren technischen Möglichkeiten, solange es die
> Art überhaupt noch gibt ...

Ich nehme an, dass von den Schülerinnen und Schülern nichts weiter verlangt wird als eine kleine Transferleistung. Wahrscheinlich haben sie in den letzten Wochen Gödels Nachweis der Unvollständigkeit jedes Axiomensystems behandelt und damit das vorher erlernte von Zermelo-Fraenkel als unzureichend erkannt. Nun sollen sie an dieser Aufgabe eben nur die Wahrheit des Unvollständigkeitssatzes anhand einer vermeintlich präzise gestellten, aber unentscheidbaren Frage erkennen. Das ist doch letztlich nur Anwendung von vorhandenem Wissen.

Schade, dass dieses weitreichende Unterrichtskonzept an der Schule meiner Kinder nicht angewandt wird. Wahrscheinlich liegt es aber daran, dass der Lehrplan in NRW diesen Stoff in der 9.Klasse nicht behandelt, und in der 10. auch nicht. Aus welchem Bundesland stammte doch gleich die Frage?
Ich würde diese Diskussion gern in das Forum "föderale Mathematik" verschieben, aber das scheint ein verstecktes zu sein. :-)

Grüße
reverend


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Was ist eine Zahl ?: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 16:15 So 14.11.2010
Autor: Michael2010

Ich denke zu 2, gibt es 2 Rangehensweisen.
Als erstes gibt es immer die Möglichkeit eine 0 zu bekommen. Damit hast du aber eine Wahrscheinlichkeit von [mm] 1/10^{|z|}, [/mm] wobei |z| Anzahl der Ziffern der Zahl ist.
Wenn wir dies nun als folge sehen kommen wir schnell auf:
[mm] \limes_{n\rightarrow\infty}(1/10^{n})=0 [/mm]
Hier wäre die Wahrscheinlichkeit 0 eine rationale Zahl zu erwischen bei undendlich Ziffern, was ja auch logisch ist ;)

Eine zweite Ansicht wäre eine Komma Zahl zu nehmen. Dadurch könnte nach jeder Ziffer wieder die Möglichkeit kommen das nur Nullen kommen. Quasi 1,86900000000.....
Diese Wahrscheinlichkeit würde aber der entsprechen wenn du einen Topf nimmst. Für jedes [mm] x\in\IR [/mm] einen Zettel mit der Zahl hinein legst. Wenn du dann einen Zettel ziehen würdest wäre die Wahrscheinlichkeit das deine Zahl [mm] x\in\IQ [/mm] liegt so gering, das man in der Stochastik von einem nicht eintreffenden Ereigniss spricht.

Ich hoffe ich konnte weiterhelfen.

lg
Michael

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Was ist eine Zahl ?: zweite Frage
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 10:11 Mo 15.11.2010
Autor: Al-Chwarizmi

Hallo Sax,

zu deiner zweiten Frage:

Wenn wir jetzt einmal die Problematik beiseite lassen, dass
in endlicher Zeit keine nicht-abbrechende Dezimalzahl durch
Zufallsziffern erzeugt werden kann (s. meine andere Antwort !),
so bleibt zum "Irrationalitätstest" zu sagen, dass dies eine
noch erheblich schwierigere Aufgabe wäre als die Erzeugung
der Zufallsziffernfolge. Jedes auch noch so lange Anfangsstück
der Folge genügt nicht, um auf Irrationalität zu entscheiden.
Um eine Antwort (rational oder irrational) geben zu können,
müsste also die "gesamte" unendliche Entwicklung fixfertig
vorliegen (praktische Frage wieder: auf welche Weise soll
die unendliche Zahlenfolge in einem endlichen Weltall
überhaupt gespeichert werden ? ...).
Vielleicht müssen wir bescheidenerweise einfach eingestehen,
dass wir mit unseren endlichen Mitteln effektiv nur mit
solchen Zahlen umgehen (und sie beispielsweise auf Irratio-
nalität testen) können, die durch ein endliches "Rezept" be-
schrieben sind. Bei einer durch echte Zufallsziffern
erzeugten Dezimalzahl, wie du es meinst, ist dies nicht der
Fall, außer man könnte im Vorgang der Erzeugung der Zufalls-
ziffer eine Regelmäßigkeit entdecken - doch dann wären
diese eben gar nicht mehr wirkliche "Zufallszahlen" im
intendierten Sinn.

Danke für deine interessanten Fragen !  Sie können uns
wirklich dazu anregen, tiefer darüber nachzudenken, was
Zahlen eigentlich "sind".
Eine naive Antwort wäre etwa: Zahlen sind jene abstrakten
Objekte, mit welchen man Rechenoperationen wie Addition,
Subtraktion, Multiplikation etc. ausführt. Ausgehend von den
natürlichen Zahlen werden weitere Zahlbereiche wie etwa
[mm] \IZ, \IQ, \IR [/mm]  eingeführt - und man glaubt immer noch, dass
man etwa mit beliebigen reellen Zahlen x und y rechnen
kann, also etwa  x+y, x-y, x*y berechnen.
Nun sehen wir, dass dies bei weitem nicht der Wahrheit
entsprechen kann !

Mit den allermeisten reellen Zahlen (nämlich mit allen außer
jenen einer Teilmenge vom Maß Null) können wir überhaupt
nicht rechnen, ja, wir können sie nicht einmal darstellen !


LG     Al-Chwarizmi



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Was ist eine Zahl ?: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 11:27 Mo 15.11.2010
Autor: reverend

Hallo Al,

> Wenn wir jetzt einmal die Problematik beiseite lassen,
> dass
>  in endlicher Zeit keine nicht-abbrechende Dezimalzahl
> durch
>  Zufallsziffern erzeugt werden kann (s. meine
> andere Antwort !),

dazu unten mehr.
Dieser Frage habe ich mich z.B. gar nicht gestellt, weil ich mich darauf eingelassen habe, dass die Erzeugung einer unendlich "lange" Zahl so gedacht werden kann, aber natürlich nicht praktisch durchführbar ist.

>  so bleibt zum "Irrationalitätstest" zu sagen, dass dies
> eine
>  noch erheblich schwierigere Aufgabe wäre als die
> Erzeugung
>  der Zufallsziffernfolge. Jedes auch noch so lange
> Anfangsstück
>  der Folge genügt nicht, um auf Irrationalität zu
> entscheiden.

Eben. Wir wissen zwar, wie man die rationalen Zahlen so anordnen kann, dass man sie in einer bestimmten Reihenfolgen alle durchlaufen kann, und würden so z.B. auch irgendwann zu meinem weiter oben angeführten Bruch mit großem Zähler und Nenner gelangen, aber selbst wenn wir genau dort angekommen wären, müssten wir die unendlich lange (und periodische) Dezimaldarstellung des Bruches mit einer vorliegenden Zahl vergleichen, deren Dezimalentwicklung ebenfalls unendlich lang ist.
Nun wissen wir über unendliche Mengen, dass sie durchaus vergleichbar sein können, z.B. über bijektive Abbildungen (die o.a. Abbildung von [mm] \IN [/mm] auf [mm] \IQ [/mm] (sic!) ist sogar eine surjektive). Dazu genügt aber nicht der Vergleich von empirischem Datenmaterial. Wenn ich anfange, die Elemente einer unendlichen Menge aufzuzählen, ist zu keinem Zeitpunkt entscheidbar, ob alle Elemente eine bestimmte geforderte Eigenschaft haben. Eine Schreibweise wie [mm] \{2,3,5,7,11,13,17,...\} [/mm] deutet zwar an, dass ein Bildungsgesetz zugrundeliegt bzw. die Menge über eine Eigenschaft definiert ist, aber dann wäre es hier besser gewesen, [mm] \IP [/mm] anzugeben. Die Aufzählung birgt nie die Garantie, dass die betreffende Eigenschaft allen Elementen zukommt und ist daher eben auch nie (will heißen: erst bei Erreichen der Unendlichkeit) entscheidbar. Dass das "Erreichen der Unendlichkeit" aber einen Grenzübergang darstellt, hat sich die Mathematik in ihrer Geschichte irgendwann zunutze gemacht. Die Diskussion über das aktual oder potentiell Unendliche ist spätestens von den alten Griechen schon geführt worden, und sie hat sich als nicht lösbar erwiesen. Man muss eine Grundentscheidung treffen. Bolzano und Cantor haben sich z.B. für das aktual Unendliche entschieden und damit einen Zweig der Mathematik begründet.

>  Um eine Antwort (rational oder irrational) geben zu
> können,
>  müsste also die "gesamte" unendliche Entwicklung
> fixfertig
>  vorliegen (praktische Frage wieder: auf welche Weise soll
>  die unendliche Zahlenfolge in einem endlichen Weltall
>  überhaupt gespeichert werden ? ...).

Ob das Weltall endlich ist, ist dafür nicht einmal entscheidend. Die Frage ist, ob eine unendliche Zahlenfolge überhaupt vorliegen kann. Darum geht es doch in der Diskussion über aktual und potentiell Unendliches.

> Vielleicht müssen wir bescheidenerweise einfach
> eingestehen,
>  dass wir mit unseren endlichen Mitteln effektiv nur mit
>  solchen Zahlen umgehen (und sie beispielsweise auf
> Irratio-
>  nalität testen) können, die durch ein endliches "Rezept"
> be-
>  schrieben sind.

Sehr gut. Das ist eine fassbare Definition!

> Bei einer durch echte Zufallsziffern
>  erzeugten Dezimalzahl, wie du es meinst, ist dies nicht
> der
>  Fall, außer man könnte im Vorgang der Erzeugung der
> Zufalls-
>  ziffer eine Regelmäßigkeit entdecken - doch dann wären
>  diese eben gar nicht mehr wirkliche "Zufallszahlen" im
>  intendierten Sinn.

So ist es. Die Aufgabe gibt vor, man könne mit einer endlichen Beschreibung die "Entstehung" der Zahl festlegen. Damit ist aber die Zahl nicht definiert, sie kann nicht ermittelt, sondern nur erzeugt werden, ohne dass es eine erzeugende Funktion oder einen erzeugenden Algorithmus (das Wort musste hier mal hin ;-)) gäbe. Es gibt eben keinen, der Zufallszahlen generieren würde, sondern nur Pseudo-Zufallszahlen. Das soll offenbar beim Glücksrad anders angenommen werden. M.W. baut eine Schweizer Firma einen "echten" Zufallszahlengenerator, der eben nicht mathematisch funktioniert, sondern radioaktiven Zerfall misst. Das wäre sozusagen ein quantenphysikalisches Glücksrad.

> Danke für deine interessanten Fragen !  Sie können uns
> wirklich dazu anregen, tiefer darüber nachzudenken, was
> Zahlen eigentlich "sind".
>  Eine naive Antwort wäre etwa: Zahlen sind jene
> abstrakten
>  Objekte, mit welchen man Rechenoperationen wie Addition,
>  Subtraktion, Multiplikation etc. ausführt. Ausgehend von
> den
>  natürlichen Zahlen werden weitere Zahlbereiche wie etwa
>  [mm]\IZ, \IQ, \IR[/mm]  eingeführt - und man glaubt immer noch,
> dass
>  man etwa mit beliebigen reellen Zahlen x und y rechnen
>  kann, also etwa  x+y, x-y, x*y berechnen.
>  Nun sehen wir, dass dies bei weitem nicht der Wahrheit
> entsprechen kann !
>  Mit den allermeisten reellen Zahlen (nämlich mit allen
> außer
>  jenen einer Teilmenge vom Maß Null) können wir
> überhaupt
>  nicht rechnen, ja, wir können sie nicht einmal darstellen
> !

Die endliche Definition einer unendlichen Zahl ist, denke ich, der entscheidende Hinweis. So lassen sich $ e, [mm] \pi, \sin{2} [/mm] $ genau definieren, selbst ein x mit [mm] x^2 e^{sin{x}}=\pi [/mm] wäre hinnehmbar, wenn es noch einen Hinweis dazu gibt, welche der Lösungen denn gemeint ist.
Wir bräuchten also zumindest in der Philosophie der Mathematik noch eine neue Art von Zahlen, die alle in [mm] \IR [/mm] liegen:
Bisher haben wir rationale, irrationale, transzendente, algebraische.
Hinzu müssten (schon aufgrund dieser Diskussion) noch die "endlich definierbaren". Denn eigentlich ist mit allen anderen nichts anzufangen, als dass man mit ihnen das Kontinuum auffüllt.

Grüße
reverend


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Bezug
Was ist eine Zahl ?: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 16:12 Mo 15.11.2010
Autor: Sax

Hi,

vielen Dank für eure überaus interessanten Ausführungen.

Hier noch einige meiner eigenen Überlegungen :
Dass „man“ niemals unendlich viele Drehungen des Rades ausführen kann, wenn jede Drehung eine Mindestzeit beansprucht, ist klar.
Wir müssen uns einen Wizard vorstellen, der das Glücksrad dreht : für die erste Drehung benötigt er eine Sekunde, für die zweite Drehung eine halbe Sekunde, für die dritte eine viertel Sekunde usw. Nach zwei Sekunden kennt der Wizard die gesamte Zahl (ziemlich langsam für einen wirklich guten Wizard), aber eben nur er kennt die Zahl, eine wirklich existierende Zahl. Wir können ihn zwar nach jeder einzelnen Ziffer fragen, werden aber niemals die Zahl als Ganzes erfassen können, weil es eben keinen Algorithmus zu ihrer Berechnung gibt. Nur der Wizard kann die Frage nach Rationalität oder Irrationalität der Zahl beantworten. Für uns dient sie lediglich dazu, das Kontinuum zu füllen (sehr schöne Formulierung).

Ich hatte mich eben gefragt, ob eine Konstruktion der Art
"  Für alle i [mm] \in \IN [/mm] sei [mm] A_i [/mm] = {0; 1; 2; ... 9}
   und [mm] s_n [/mm] = [mm] \summe_{i=1}^{n}\bruch{a_i}{10^i} [/mm]  mit [mm] a_i \in A_i [/mm] beliebig "
zusammen mit der Argumentation dass [mm] (s_n) [/mm] eine monoton wachsende, nach oben beschränkte Folge darstellt, also einen Grenzwert s haben muss, und zusammen mit dem Auswahlaxiom (?) eine zulässige Definition für eine Zahl s darstellt.

Nochmals Danke, Gruß Sax.




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Bezug
Was ist eine Zahl ?: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 18:27 Mo 15.11.2010
Autor: reverend

Hallo Sax,

ja, Du hast da eine sehr interessante Diskussion angestoßen.

> vielen Dank für eure überaus interessanten
> Ausführungen.
>  
> Hier noch einige meiner eigenen Überlegungen :
>  Dass „man“ niemals unendlich viele Drehungen des Rades
> ausführen kann, wenn jede Drehung eine Mindestzeit
> beansprucht, ist klar.

In einer realen Welt gibt es keinen Weg, die beschriebene Zahl tatsächlich zu konstruieren.

>  Wir müssen uns einen Wizard vorstellen, der das
> Glücksrad dreht : für die erste Drehung benötigt er eine
> Sekunde, für die zweite Drehung eine halbe Sekunde, für
> die dritte eine viertel Sekunde usw. Nach zwei Sekunden
> kennt der Wizard die gesamte Zahl (ziemlich langsam für
> einen wirklich guten Wizard), aber eben nur er kennt die
> Zahl, eine wirklich existierende Zahl. Wir können ihn zwar
> nach jeder einzelnen Ziffer fragen, werden aber niemals die
> Zahl als Ganzes erfassen können, weil es eben keinen
> Algorithmus zu ihrer Berechnung gibt. Nur der Wizard kann
> die Frage nach Rationalität oder Irrationalität der Zahl
> beantworten.

Ja, mit solcher Zauberei wäre es möglich (siehe LEO-Eintrag []wizard). Ich frage mich aber immer noch, woran der Wizard eigentlich die Rationalität der Zahl erkennt. Denn auch diese Überprüfung müsste mit einer ähnlichen geometrischen Zeitreihe erfolgen wie die "Ziehung". Eine rationale Zahl ist entweder ab einem gewissen Punkt periodisch oder hat eine abbrechende Dezimaldarstellung. Letztere scheint leichter identifizierbar, aber in der Realität des Wizards muss ja trotzdem die ganze Zahl kontrolliert werden, um nachzusehen, ob nicht nach der Stelle des Abbruchs irgendwo noch eine andere Ziffer als die Null kommt.

> Für uns dient sie lediglich dazu, das
> Kontinuum zu füllen (sehr schöne Formulierung).

Damit hätten wir ja schon mal ein paar Stellen für Wizards geschaffen. Ich frage mich nur, ob die Menge der Wizards durch ähnliche Tricks wie die Ziehung in jeweils halber Zeit abzählbar gehalten werden kann.

> Ich hatte mich eben gefragt, ob eine Konstruktion der Art
>  "  Für alle i [mm]\in \IN[/mm] sei [mm]A_i[/mm] = {0; 1; 2; ... 9}
>     und [mm]s_n[/mm] = [mm]\summe_{i=1}^{n}\bruch{a_i}{10^i}[/mm]  mit [mm]a_i \in A_i[/mm]
> beliebig "
>  zusammen mit der Argumentation dass [mm](s_n)[/mm] eine monoton
> wachsende, nach oben beschränkte Folge darstellt, also
> einen Grenzwert s haben muss, und zusammen mit dem
> Auswahlaxiom (?) eine zulässige Definition für eine Zahl
> s darstellt.

mit dem Wort "beliebig" ist so ja jede Zahl von 0 bis [mm] 0,\overline{9} [/mm] definiert, und letzteres wird gemeinhin als Grenzwertaufgabe gelesen und gleich 1 gesetzt. Die Non-Standard-Liebhaber dürfen jetzt widersprechen.

Die Frage ist die Rolle des Auswahlaxioms. Wenn es eine "Regel" gibt, nach der die Ziffernauswahl erfolgt, dann wäre die Zahl ja wieder endlich definierbar, nämlich durch die Angabe der Regel. Wenn aber die Regel erst aus der Zahl folgt, ist m.E. das Auswahlaxiom verletzt. Das scheint mir ein neues mathematisches Paradoxon zu sein, ich kenne es jedenfalls noch nicht.

Andererseits scheint doch auf diesem Wege der Definition das Auswahlaxiom unerlässlich zu sein, auch wenn das Wort "beliebig" eigentlich keine bestimmbare Auswahl nahelegt. Insofern umgeht die Definition der Ziffernauswahl gerade das Problem, indem es das Auswahlaxiom eben nicht heranzieht.

Oder wie seht Ihr das?

Das wird ja immer spannender hier.
Hat noch jemand ein Schulbuch gelesen in letzter Zeit?
;-)

Grüße
reverend


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Was ist eine Zahl ?: Lektüre / Auswahlaxiom / Taube
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 18:04 Mo 15.11.2010
Autor: Al-Chwarizmi

Hallo zusammen,

ich habe noch einen Artikel gefunden, der recht gut
zum Thema passt und sich auch mit der Frage be-
fasst, welchen Platz entsprechende Überlegungen
im Gymnasialunterricht finden könnten:

"Zur virtuellen Realität reeller Zahlen"
(einfach so googeln !)
von H.R. Schneebeli

Mit dem Konzept der "endlich definierbaren Zahlen"
hat sich offenbar auch schon vor 100 Jahren ein
gewisser Heinrich Glause (Göttingen) in einem Werk
über die Mächtigkeit des Kontinuums beschäftigt:

www.springerlink.com/index/N8354U8286419021.pdf
(allerdings nur gegen Bezahlung erhältlich)



Eine interessante Frage wäre nun noch folgende, die
ich anfüge, weil Sax schon nach der Rolle des Auswahl-
axioms in diesem Zusammenhang gefragt hat:

Angenommen, es sei möglich, auf sinnvolle Weise eine
Menge E der endlich definierbaren Zahlen zu definieren,
also  $E\ =\ [mm] \{\,x\ |\ x\in\IR\ \wedge\ x\ endlich\ definierbar\,\}$ [/mm]
Die Komplementärmenge  [mm] $\overline{E}\ [/mm] =\ [mm] \IR\backslash{E}$ [/mm] wäre dann die Menge der
nicht endlich definierbaren reellen Zahlen.
Gemäß Auswahlaxiom (wenn wir dieses benützen wollen)
müsste es nun eine Funktion geben, welche aus der
Menge [mm] \overline{E} [/mm] ein bestimmtes Element "herauspickt".
Somit hätten wir also eine recht interessante Zahl
vor uns:  eine ganz bestimmte reelle Zahl  [mm] x_0\in\overline{E}\subset\IR [/mm] ,
welche aber garantiert nicht endlich definierbar ist.
Das Auswahlaxiom sagt also gewissermaßen aus, dass
es in der Mathematik das Dilemma vom Spatz in der Hand
und der Taube auf dem Dach nicht gibt: es genügt, sich
die Taube vorzustellen - und sie ist als mathematisches
Objekt verwendbar ...   ;-)

Dieses Gedankenexperiment zeigt recht drastisch, welche
mathematisch-philosophische Zumutung das Auswahlaxiom
eigentlich darstellt: da wird eine Auswahlfunktion postuliert,
die irgendwie das leisten soll, was alle Mathematiker zusammen
mit vereinten Kräften nicht können: eine Zahl zu liefern,
welche man eigentlich gar nicht beschreiben kann ...


Es ist lange her, seit ich mich mit Axiomatik und Logik
beschäftigt habe. Deshalb ist es möglich, dass ich bei
meinen obigen Überlegungen nicht alles richtig gesehen
habe. Wer Fehler feststellt, ist also gebeten, sie zu
benennen und richtigzustellen.


Gruß an alle, die hier mitdenken !

Al
    

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Was ist eine Zahl ?: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 18:42 Mo 15.11.2010
Autor: reverend

Hallo Al,

zwei tolle Literaturfunde. Im Prinzip sind die bei Schneebeli "konstruierbaren" Zahlen ja genau die "endlich definierbaren" bei Glause, wie es aussieht. Leider ist meine mathematische Palermo-Sammlung etwas unvollständig, oder ich habe den Jahrgang 1914 verliehen. Das andere Heft ist auch nicht da.

Aber wieso hat Glause damals gleich []zwei Artikel zum gleichen Thema veröffentlicht? Und wieso hat springerlink sonst überhaupt nichts von ihm?
[]Mathematics Genealogy kennt sein Dissertationsthema, und die []DMV weiß noch mehr, u.a. sein Todesjahr: 1920.

Damit unterliegt der Artikel nicht mehr dem Urheberrecht. Wenn ihn jemand hat (bzw. Zugang zu einer Uni-Bibliothek, die ihn hat), dann darf ein Scan hier eingestellt werden. Es wäre sehr schön, wenn das jemand täte. :-)

> Eine interessante Frage wäre nun noch folgende, die
>  ich anfüge, weil Sax schon nach der Rolle des Auswahl-
>  axioms in diesem Zusammenhang gefragt hat:
>  
> Angenommen, es sei möglich, auf sinnvolle Weise eine
>  Menge E der endlich definierbaren Zahlen zu definieren,
>  also  [mm]E\ =\ \{\,x\ |\ x\in\IR\ \wedge\ x\ endlich\ definierbar\,\}[/mm]
>  
> Die Komplementärmenge  [mm]\overline{E}\ =\ \IR\backslash{E}[/mm]
> wäre dann die Menge der
> nicht endlich definierbaren reellen Zahlen.
>  Gemäß Auswahlaxiom (wenn wir dieses benützen wollen)
>  müsste es nun eine Funktion geben, welche aus der
>  Menge [mm]\overline{E}[/mm] ein bestimmtes Element "herauspickt".
>  Somit hätten wir also eine recht interessante Zahl
>  vor uns:  eine ganz bestimmte reelle Zahl  
> [mm]x_0\in\overline{E}\subset\IR[/mm] ,
>  welche aber garantiert nicht endlich definierbar ist.

Sehr hübsch. Das treibt das Paradoxon auf die Spitze.

>  Das Auswahlaxiom sagt also gewissermaßen aus, dass
>  es in der Mathematik das Dilemma vom Spatz in der Hand
>  und der Taube auf dem Dach nicht gibt: es genügt, sich
>  die Taube vorzustellen - und sie ist als mathematisches
>  Objekt verwendbar ...   ;-)

Sollten wir uns also doch mit unseren Axiomen, Definitionen und Sätzen gar nicht in einer realen Welt bewegen?
Es gibt gute Gründe, die Mathematik als einzige echte Geisteswissenschaft zu werten.

> Dieses Gedankenexperiment zeigt recht drastisch, welche
>  mathematisch-philosophische Zumutung das Auswahlaxiom
>  eigentlich darstellt: da wird eine Auswahlfunktion
> postuliert,
>  die irgendwie das leisten soll, was alle Mathematiker
> zusammen
>  mit vereinten Kräften nicht können: eine Zahl zu
> liefern,
>  welche man eigentlich gar nicht beschreiben kann ...

Na, wir wissen, wie sie erzeugt wird. Das muss offenbar als Beschreibung genügen. Hoffentlich wird die Ziehung notariell beaufsichtigt, auch wenn mir gerade nicht ersichtlich ist, wie ein Notar mathematisch genau zu definieren wäre.

> Es ist lange her, seit ich mich mit Axiomatik und Logik
>  beschäftigt habe. Deshalb ist es möglich, dass ich bei
> meinen obigen Überlegungen nicht alles richtig gesehen
>  habe. Wer Fehler feststellt, ist also gebeten, sie zu
>  benennen und richtigzustellen.

Ich finde, es sieht gut aus. Vielleicht lässt sich das Auswahlaxiom ja mit einem solchen Paradoxon doch noch ad absurdum führen. Wir werden sehen. Oder mit Hilbert: wir müssen wissen, und wir werden wissen.

> Gruß an alle, die hier mitdenken !
>  
> Al

Liebe Grüße
reverend


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Was ist eine Zahl ?: Rechtliches (far off topic ..)
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 02:06 Di 16.11.2010
Autor: Al-Chwarizmi


> Hoffentlich wird die Ziehung notariell beaufsichtigt,
> auch wenn mir gerade nicht ersichtlich ist, wie ein
> Notar mathematisch genau zu definieren wäre.


Hi reverend,

da bin ich im Augenblick auch überfragt. Aber ich denke
mir etwas in die Richtung:  ein rationaler Operator, der ein
vorliegendes Problem in der Regel um mindestens eine Stufe
komplexer macht, als es vorher schon war. Wenn man ihn
aber seinen Wünschen entsprechend honoriert, weiß er
diesen Nachteil im Allgemeinen jedoch ganz gut zu kaschieren ...

;-)     Al

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Was ist eine Zahl ?: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 23:50 Mo 15.11.2010
Autor: KarlMarx

Moin zusammen!

Da hast Du ja was angestoßen, Sax ... eine interessante Diskussion!
Eure mathematischen Ausführungen in Ehren aber ich möchte zwischendurch kurz an die Aufgabenstellung und die Klassenstufe erinnern:
Keineswegs ist diese Aufgabe für Neuntklässler bekloppt, nur muss man sie aus deren Sichtweise interpretieren und nicht unsere mathematisch-wissenschaftliche Herangehensweise zu Grunde legen .


Die Aufgabe war:
„Erzeugt man die Ziffern einer nicht abbrechenden Dezimalzahl mit einem Glücksrad, so ist die Zahl irrational. Begründe“

Die Bedingungen für die Zugehörigkeit einer Zahl zu $Q$ oder $I$ lernen die Eleven in der neunten Klasse. Wenn sie im Unterricht aufgepasst haben, entnehmen sie der Aufgabenstellung:

1. Die Zahl besitzt unendlich viele Dezimalstellen.
2. Alle Dezimalstellen ergeben sich zufällig durch Drehen des Rades.

und folgern daraus weiter, dass die Bedingungen für die Zugehörigkeit zu $Q$ nicht erfüllt sind. Die für die Zugehörigkeit zu $I$ hingegen schon. Die vielleicht schwerste Aufgabe ist für nicht wenige der Kleinen leider, dies noch in einen vollständigen deutschen Satz zu giessen.

Übrigens: Alles ist Zahl.
In diesem Sinne: Gruß, Marx.

Bezug
                
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Was ist eine Zahl ?: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 10:01 Di 16.11.2010
Autor: reverend

Hallo KarlMarx,

ein Gespenst geht um in Europa - das Gespenst der vereinfachten Mathematik...

>  Keineswegs ist diese Aufgabe für Neuntklässler bekloppt,
> nur muss man sie aus deren Sichtweise interpretieren und
> nicht unsere mathematisch-wissenschaftliche
> Herangehensweise zu Grunde legen .

Verdienen Neuntklässler nicht wenigstens einen Einblick in weitergehende Denkweisen? Vor dreißig Jahren begann die Mathematik der Mittelstufe mit der Mengenlehre. So schlecht war der Plan vielleicht nicht.

> Die Aufgabe war:
>  „Erzeugt man die Ziffern einer nicht abbrechenden
> Dezimalzahl mit einem Glücksrad, so ist die Zahl
> irrational. Begründe“
>  
> Die Bedingungen für die Zugehörigkeit einer Zahl zu [mm]Q[/mm]
> oder [mm]I[/mm] lernen die Eleven in der neunten Klasse. Wenn sie im
> Unterricht aufgepasst haben, entnehmen sie der
> Aufgabenstellung:
>  
> 1. Die Zahl besitzt unendlich viele Dezimalstellen.
>  2. Alle Dezimalstellen ergeben sich zufällig durch Drehen
> des Rades.
>  
> und folgern daraus weiter, dass die Bedingungen für die
> Zugehörigkeit zu [mm]Q[/mm] nicht erfüllt sind. Die für die
> Zugehörigkeit zu [mm]I[/mm] hingegen schon.

Tja, und das ist leider falsch. Nur können die "Neuner" das mit ihren Mitteln noch nicht zeigen oder verstehen.

> Die vielleicht
> schwerste Aufgabe ist für nicht wenige der Kleinen leider,
> dies noch in einen vollständigen deutschen Satz zu
> giessen.

Die Frage ist, ob sie wirklich in eine erkenntnistheoretische Falle tappen lassen muss. Wenn hinterher wenigstens jemand "ätsch" sagt, ist ja vielleicht noch etwas gewonnen, aber pädagogisch gesehen scheint mir das keine gute Vorgehensweise.

> Übrigens: Alles ist Zahl.

War Dein Namensgeber auch Pythagoreer? Das wäre mir neu.

>  In diesem Sinne: Gruß, Marx.

Trotzdem herzlichen Dank für Deine Erinnerung an den Kontext der Aufgabe. Ich hatte den Eindruck, dass er in der Diskussion aber auch immer wieder vorkam, nur vielleicht nicht hinreichend bedacht wurde.
Letztlich geht es aber um die Frage, ob man eine nicht entscheidbare Aufgabe in der Mittelstufe als lösbar vorgaukeln sollte.

Grüße
reverend


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Was ist eine Zahl ?: Mathematik ist Modellannahme
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 17:12 Di 16.11.2010
Autor: moudi

Es ist klar, dass wenn man mathematisch argumentieren will, dann auch mit einem mathematischen Modell arbeiten muss. Inwiefern dieses mathematisch Modell die reale Welt abbildet ist eine ausserhalb der Mathematik liegende Frage.

Selbst wenn sich die Schueler dessen bewusst sind, d.h. Mathematisierungen der Welt beruhen immer auf Annahmen laesst sich diese Frage so nicht beantworten.

Im mathematischen Modell nehmen wir an, dass die Wahrsch'keit, dass die Ziffer mit  .0, .1, .2, ... .9 beginnt je 1/10 ist, etc. Auf diese Weise ist dann eine eindeutige Fortsetzung  des Masses auf das Intervall [0,1] garantiert und die Menge der rationalen Zahlen in diesem Intervall hat das Mass 0.

Heisst das aber, dass keine rationale Zahl erzeugt werden kann. Das ist nun eine Interpretationsfrage und liegt ausserhalb der Mathematik.

Koennen Zahlen die in einer Nullmenge liegen durch ein Gluecksrad nicht erzeugt werden?

Man sieht, dass das mathematische Modell seine Limiten hat, oder die Resultate nicht ohne weitere interpretiert werden koennen.

Wuerde die Fragestellung auf solche Fragen fueren und diskutiert werden, dann waere sie noch einigermassen sinnvoll. Ich unterstelle ihr aber, dass das nicht die Absicht hinter der Fragestellung ist.

In der realen Welt sind Fragen ob eine "gemessene" oder irgendwie durch reale Prozesse erzeugte Zahlen rational oder irrational sind, ueberhaupt keine Bedeutung und koennen meiner Meinung nach als sinnlos abgetan werden.

mfG Moudi



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Was ist eine Zahl ?: Fälligkeit abgelaufen
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 13:20 Di 30.11.2010
Autor: matux

$MATUXTEXT(ueberfaellige_frage)
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