Willkür partielle Ableitung? < Differentiation < Funktionen < eindimensional < reell < Analysis < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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Ist die Unterscheidung in partielle und totale Ableitung willkürlich?
Angenommen ich definiere B(x(t),t)=3x+5t und x(t)=t
Es sollte gelten: [mm] $\frac{\partial B}{\partial t}=5$
[/mm]
Aber nun kann man auch einfach denken. Wegen x(t)=t folgt: B(x(t),t)=B(x(t),t)=8x, sodass gilt: [mm] $\frac{\partial B}{\partial t}=0$
[/mm]
Die totale Ableitung ist hingegen eindeutig [mm] \frac{d B}{d t} [/mm] =3+5=8
Ich finde es halt nicht intuitiv, dass die partielle Ableitung so sehr von der Bildungsvorschrift der Funktion abhängt. Die Frage wäre also: Kann mir einer bestätigen, dass die partielle Ableitung dahingehend willkürlich ist, dass sie von der Bildungsvorschrift der Definition abhängt, sodass zwei Funktionen mit exakt gleichem Bild zwei verschiedene partielle Ableitungen besitzen.
Das Problem trat zum wiederholten Male auf, als ich mir überlegte, warum gilt: [mm] $\frac{d}{d t}\int_V \varrho(\vec [/mm] x(t),t) [mm] =\int_V \frac{\partial}{\partial t}\varrho(\vec [/mm] x(t),t) [mm] \neq \int_V \frac{d}{d}\varrho(\vec [/mm] x(t),t)$
Dass dem so ist, liegt unmathematisch überlegt daran, dass man ja über ein bestimmtes Volumen integriert, sodass für die äußere totale Zeitableitung das x nicht mehr da ist. Wenn man dann die Ableitung in das Integral reinzieht, muss man halt aufpassen, dass es dann das x(t) nicht plötzlich sieht.
Eine mathematische Begründung/Beweis für den zweiten Teil wäre auch interessant.
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(Antwort) fertig | Datum: | 21:25 Mi 17.10.2012 | Autor: | teo |
> Ist die Unterscheidung in partielle und totale Ableitung
> willkürlich?
> Angenommen ich definiere B(x(t),t)=3x+5t und x(t)=t
> Es sollte gelten: [mm]\frac{\partial B}{\partial t}=5[/mm]
> Aber
> nun kann man auch einfach denken. Wegen x(t)=t folgt:
> B(x(t),t)=B(x(t),t)=8x, sodass gilt: [mm]\frac{\partial B}{\partial t}=0[/mm]
Das stimmt nicht B(x(t),t)=8t und somit: [mm]\frac{d B}{d t}= 8[/mm]
> Die totale Ableitung ist hingegen eindeutig [mm]\frac{d B}{d t}[/mm]
> =3+5=8
>
> Ich finde es halt nicht intuitiv, dass die partielle
> Ableitung so sehr von der Bildungsvorschrift der Funktion
> abhängt. Die Frage wäre also: Kann mir einer bestätigen,
> dass die partielle Ableitung dahingehend willkürlich ist,
> dass sie von der Bildungsvorschrift der Definition
> abhängt, sodass zwei Funktionen mit exakt gleichem Bild
> zwei verschiedene partielle Ableitungen besitzen.
>
> Das Problem trat zum wiederholten Male auf, als ich mir
> überlegte, warum gilt: [mm]\frac{d}{d t}\int_V \varrho(\vec x(t),t) =\int_V \frac{\partial}{\partial t}\varrho(\vec x(t),t) \neq \int_V \frac{d}{d}\varrho(\vec x(t),t)[/mm]
>
> Dass dem so ist, liegt unmathematisch überlegt daran, dass
> man ja über ein bestimmtes Volumen integriert, sodass für
> die äußere totale Zeitableitung das x nicht mehr da ist.
> Wenn man dann die Ableitung in das Integral reinzieht, muss
> man halt aufpassen, dass es dann das x(t) nicht plötzlich
> sieht.
>
> Eine mathematische Begründung/Beweis für den zweiten Teil
> wäre auch interessant.
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(Antwort) fertig | Datum: | 21:54 Mi 17.10.2012 | Autor: | Marcel |
Hallo,
> Ist die Unterscheidung in partielle und totale Ableitung
> willkürlich?
> Angenommen ich definiere B(x(t),t)=3x+5t und x(t)=t
> Es sollte gelten: [mm]\frac{\partial B}{\partial t}=5[/mm]
> Aber
> nun kann man auch einfach denken. Wegen x(t)=t folgt:
> B(x(t),t)=B(x(t),t)=8x, sodass gilt: [mm]\frac{\partial B}{\partial t}=0[/mm]
das das Quatsch ist, wurde Dir ja schon gesagt. Und prinzipiell weißt
Du das auch:
Wenn Du eine Funktion [mm] $f=f(x)\,$ [/mm] hast, und dann [mm] $s=s(x)\,$ [/mm] setzt, dann
behauptest Du ja auch nicht
[mm] $$df(x)/ds=0\,,$$
[/mm]
sondern da gibt's dann sowas "komisches" wie
[mm] $$df/ds=(df/dx)*dx/ds\,.$$
[/mm]
(Speziell für [mm] $s=s(x):=x\,$ [/mm] steht dann - was - da?)
Das "komische" kennst Du vielleicht mit einem besseren Namen. Und wenn
Dir oben absolut nicht klar ist, was der Unterschied zwischen totaler und
partieller Ableitung ist:
Schreib' Dir halt mal die Defintionen über die Differentialquotienten hin!!
Gruß,
Marcel
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(Antwort) fertig | Datum: | 23:18 Mi 17.10.2012 | Autor: | Helbig |
Eingabefehler: "\left" und "\right" müssen immer paarweise auftreten, es wurde aber ein Teil ohne Entsprechung gefunden (siehe rote Markierung)
Hallo maxiantor,
sowohl partielle als auch totale Ableitungen führt man auf die aus Analysis I bekannten Ableitungen von Funktionen $\IR\to\IR$ zurück.
Nun gibt es ganz verschiedene Funktionen, die mit dem Term B(x,t) definiert werden können. Die Ableitungen der Funktionen $\IR\to\IR, x\mapsto B(x, t)$ oder $t\mapsto B(x, t)$ nennt man partiell. Die Ableitung an der Stelle $(x,t)$ ist eine Zahl und wird mit
$\frac {\partial B(x, t)} {\partial x} $ bzw. mit $\frac{\partial B(x,t)} {\partial t}$
bezeichnet.
Dagegen ist die Ableitung der Funktion $\IR\to \IR, t\mapsto B(x(t), t)$ die bekannte Ableitung aus Analysis I. Die Ableitung an der Stelle $t$ schreibt man z. B.
$\frac {\mathrm {d} (B(x(t),t)} {\mathrm d t}$ (Die Variable $x$ taucht im Term gar nicht mehr auf!)
Und dann gibt es noch die Ableitung der Funktion $\IR^2\to \IR\colon (x,t)\mapsto B(x,t)\;.$ Deren Ableitung an der Stelle $(x,t)$ ist eine lineare Abbildung $\IR^2\to \IR$. Ihre Matrix bzgl. der kanonischen Basis in den Vektorräumen $\IR^2$ bzw. $\IR$ ergibt sich zu
$\left (\frac {\partial B(x, t)} {\partial x}\quad\frac {\partial B(x,t)} {\partial t}\right)\;.$
(eine Zeile, weil der Zielraum Dimension 1 hat, zwei Spalten, weil der Definitionsraum die Dimension 2 hat.)
Je nach Autor wird diese lineare Abbildung oder deren Matrix als totale Ableitung bezeichnet.
Alles klar?
Grüße,
Wolfgang
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 19:18 Do 18.10.2012 | Autor: | maxiantor |
Die Erwähnung der mathematisch korrekten Ableitung bzw. deren Matrixform brachte ein wenig Erleuchtung, weil durch diese sollten die partiellen Ableitung schon eindeutig definiert sein.
Ein großer Fehler meinerseits war auch die Behauptung, dass die Funktionen das gleiche Bild hätten. Dabei habe ich mir aber letztendlich immer [mm] $F(t):\mathbb [/mm] R [mm] \rightarrow \mathbb [/mm] R$ vorgestellt, wohingegen man bei [mm] $F(x,t):\mathbb R^2\rightarrow\mathbb [/mm] R$ sich im zweidimensionalen bewegt. Damit sind die partiellen Ableitungen klar. Das Problem war halt, dass aus physikalischem Standpunkt nur [mm] $F(x(t),t):\mathbb R\rightarrow \mathbb [/mm] R$ interessant war, aber man beim Ableiten mathematisch korrekt die gesamte Funktion betrachtet
An die zweite Frage mit dem differenzierten Integral scheint sich aber noch niemand gewagt zu haben, vlt. wegen der Überschrift.
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(Antwort) fertig | Datum: | 20:21 Do 18.10.2012 | Autor: | Helbig |
Hallo maxiantor,
> Das Problem trat zum wiederholten Male auf, als ich mir
> überlegte, warum gilt: [mm]\frac{d}{d t}\int_V \varrho(\vec x(t),t) =\int_V \frac{\partial}{\partial t}\varrho(\vec x(t),t) \neq \int_V \frac{d}{d}\varrho(\vec x(t),t)[/mm]
Was stellt [mm] $\varrho\bigl(\vec [/mm] x(t), [mm] t\bigr)$ [/mm] dar? Doch eine Funktion [mm] $\IR\to\IR\colon t\mapsto \varrho\bigl(\vec [/mm] x(t), [mm] t\bigr)\;.$ [/mm] Und so was kann man gar nicht über ein Volumen integrieren! Damit sind Deine drei Integrale Undefiniertes.
Was aber definiert ist, ist die Funktion [mm] $\IR\to \IR, t\mapsto\integral_V \varrho(\vec [/mm] x, [mm] t)\;.$ [/mm] Diese Funktion kann man ableiten und nach Sätzen aus Analysis II gilt [mm] $\frac{\mathrm d} {\mathrm d t}\integral_V \varrho(\vec [/mm] x, t) = [mm] \integral_V \frac {\partial} {\partial t} \varrho(\vec [/mm] x, [mm] t)\;.$ [/mm] Die Terme [mm] $\varrho(\vec [/mm] x, t)$ und [mm] $\frac {\partial} {\partial t}\varrho(\vec [/mm] x, t)$ stellen für jedes $t$ Funktionen [mm] $\IR^n\to \IR$ [/mm] dar, weswegen diese Integrale Definiertes darstellen.
Gruß,
Wolfgang
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 02:36 Sa 20.10.2012 | Autor: | maxiantor |
[mm] $\varrho(\vec [/mm] x,t): [mm] \mathbb R^4\rightarrow\mathbb [/mm] R$ mit [mm] $\vec x\in\mathbb R^{3\times 1}$, [/mm] aber ich sehe, was du meinst. Hier ist wieder dasselbe Problem wie bei der Ableitung. Man schlampt sozusagen, wenn man aus physikalischen Gründen anmerken will, dass x von t abhängt.
Bin mir nicht sicher, welche konkreten Sätze der Analysis du meinst, aber an Rechenmethoden denkend, war das Differential ja definiert als:
$d [mm] f(x_1,\ldots [/mm] , [mm] x_n)=\sum_i \frac{\partial}{\partial x_i}f(x_1,\ldots [/mm] , [mm] x_n)$
[/mm]
Sodass dank deines Hinweises gilt: [mm] $\int_V \varrho(\vec [/mm] x,t)$ als $f(t)$ anzusehen folgt: [mm] $\frac{d}{d t}f(t)=\frac{\partial}{\partial t}f(t) \frac{d t}{d t}$ [/mm] Und dann kann man mit dem Satz, den du meinst (?) Integral und partielle Ableitung vertauschen, weil stetig und die Grenzen nicht von t abhängen.
Und diese Methode aus Rechenmethoden mit dem Differential müsste in der Analysis mit den in der Jacobi-Matrix enthaltenen Ableitungen rechtfertigbar sein. In obigem Bespiel als [mm] $J_F=(\text{grad} f)^T=f'(\vec [/mm] x)$ sodass mit Kettenregel [mm] $\frac{d}{d t}f(t)=f' \cdot [/mm] 1$
Hier bemerke ich wieder, was ich schon anfangs verschwommener als Fehler identifizierte: Man schreibt totale Ableitung und ist sich nicht bewusst, welche Funktion mit welchen Abhängigkeiten total abgeleitet wird und würde dann einfach die totale Ableitung ins Integral ziehen und plötzlich mehr Abhängigkeiten haben.
Für mich ist das Problem geklärt, danke.
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